Gebrauchtwagen: Preise für E-Autos sinken auf Verbrenner-Niveau

Fragt man Autokäufer, warum sie sich beim Kauf ihres gebrauchten Verbrenners gegen ein E-Auto entschieden haben, landen "hohe Anschaffungskosten“ regelmäßig klar auf dem ersten Platz. Zuletzt bewies das die Marktstudie "DAT-Report“ der Deutschen Automobil Treuhand. Jedoch: Die Realität am Markt ist mittlerweile eine andere. 

Die beiden Antriebsarten erreichen auf dem Gebrauchtwagenmarkt zusehends Preisparität. "In Euro betrachtet, bewegen sich gebrauchte Verbrenner und gebrauchte E-Autos (BEV) mittlerweile auf einem ähnlichen Niveau“, sagt Martin Weiss, Leiter der DAT Fahrzeugbewertung.

Ursache dafür ist die unterschiedliche Wertentwicklung: Die heutigen Elektro-Gebrauchtwagen kosteten neu zwar deutlich mehr als vergleichbare Verbrenner, jedoch verloren sie danach erheblich stärker an Wert.

Laut DAT erzielten gebrauchte Verbrenner im März nach drei Jahren im Durchschnitt noch 62,6 Prozent ihres Listenneupreises, gebrauchte E-Autos hingegen nur noch 49,4 Prozent.

Was das in der Praxis bedeutet, zeigt eine Recherche in der Branche, bei der Händler Zugriff auf die konkreten Restwert-Kalkulationen der DAT haben, die auf realen Transaktionspreisen beruhen.

Demnach erzielt ein drei Jahre alter Opel Corsa Electric mit einem Listenpreis von rund 31.200 Euro derzeit noch knapp 16.000 Euro. Ein vergleichbarer Corsa-Benziner mit Listenpreis ca. 21.800 Euro hingegen erreicht rund 15.100 Euro. Die DAT selbst macht keine vergleichenden Aussagen zu einzelnen Modellen.

Dass die Preise sich annähern, das beobachtet auch die Gebrauchtwagenbörse Mobile.de in den Angebotspreisen ihrer Plattform. Dort kosten beispielsweise Skoda Enyaq im Alter von 25 bis 36 Monaten im Durchschnitt 34.340 Euro. Den vergleichbaren Verbrenner Kodiaq gibt es für 35.100 Euro.

BMWs iX3 derselben Altersklasse wiederum gibt es für 44.010 Euro, den Verbrenner X3 für 42.480. VWs ID.3 ist mit 24.230 Euro sogar erheblich günstiger als der Golf, der im Schnitt auf 27.680 Euro kommt. Der Peugeot 208 ist mit 19.650 Euro elektrisch hingegen merklich teurer als der Verbrenner mit 16.740 Euro.

"Wir gehen davon aus, dass sich die Preise von Elektrofahrzeugen und Verbrennern langfristig weiter annähern werden", sagt Julia Riethmüller, Sales Director bei Mobile.de.

Ein Ansturm auf gebrauchte Elektroautos ist deshalb aber nicht zu erwarten. Zwar entfalle durch "die annähernde Preisparität“ ein Nachteil gebrauchter E-Autos, doch der Kaufpreis sei nur eines von mehreren Argumenten gegen gebrauchte BEV, betont Martin Weiss. 

Der Umstieg auf E-Autos bedeute für viele Menschen ohne eigene Lademöglichkeit einen erheblichen Komfortnachteil. Zudem gebe es im Unterhalt bisher kaum Kostenvorteile, wenn man auf öffentliche Ladeinfrastruktur angewiesen sei.

Doch die Wende könnte schon bald kommen, wenn ab 2027 auch das Argument der fehlenden Kostenvorteile wegbricht. Denn vom übernächsten Jahr an greifen in der EU neue Regeln zur CO2-Bepreisung – der ADAC warnt bereits vor einer "starken Erhöhung der Spritpreise".

Viele Verbraucher hätten das noch nicht im Blick, so Weiss. "Sobald E-Autos im Unterhalt deutlich günstiger sind als Verbrenner, werden die Komfortnachteile eher in Kauf genommen."

Diese Entwicklung könnte über die steigenden Unterhaltskosten die seit Corona vergleichsweise hohen Verbrenner-Restwerte kippen lassen, warnt Weiss. Für E-Autos hingegen dürfte es dann aufwärtsgehen. Weiss: "E-Autos könnten dann attraktiver werden, was sich auch in den Restwerten widerspiegeln könnte." 

Eine ähnliche Entwicklung erwartet auch Riethmüller: "Langfristig ist zu erwarten, dass der Wert von Elektrofahrzeugen aufgrund fortschreitender Technologien und zunehmender Akzeptanz steigen wird, während Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor an Wert verlieren könnten, da sie durch strengere Emissionsvorschriften und einen sich wandelnden Markt weniger nachgefragt werden."