Minus 49 Prozent: Die Autoindustrie hat ein Gewinnproblem

Die Autoindustrie befindet sich im Wandel, Hersteller stehen unter Druck – das ist soweit nichts Neues. Wohl aber verblüfft das Ausmaß, in dem die operativen Gewinne der weltgrößten Hersteller angesichts der verschiedenen Probleme zuletzt eingebrochen sind.

So blieben die Umsätze der 19 größten Autokonzerne im zweiten Quartal dieses Jahres mit minus 1,1 Prozent zwar weitgehend stabil, wie das Beratungsunternehmen EY berichtet. Aber die Gewinne sanken zusammen um 55 Prozent; im ersten Halbjahr um 49 Prozent auf 42,8 Milliarden Euro.

Besonders deutlich fielen die Rückgänge der Studie zufolge bei Renault, Nissan, Stellantis und Mazda aus: Alle vier rutschten im ersten Halbjahr in die Verlustzone. Die deutschen Autokonzerne verzeichneten insgesamt einen Gewinneinbruch von 38 Prozent.

Dagegen haben sich die chinesischen Hersteller in dem Zeitraum leicht positiv entwickelt: Geely, Great Wall Motor und BYD steigerten ihren Gewinn im ersten Halbjahr zusammen um ein Prozent, wie aus der Analyse von EY hervorgeht (Umsatz +20%).

"Die etablierte westliche Autoindustrie steckt in einer tiefen und strukturellen Krise", sagt der EY-Mobilitätsexperte Constantin Gall. Konflikte und Konjunktur, Rabatte und Zölle belasten demnach das Geschäft. "Zudem verkaufen sich Elektroautos deutlich schwächer als angenommen."

Währenddessen müssten hohe Investitionen gestemmt werden. "Um den aggressiven chinesischen Newcomern Paroli bieten zu können – gerade im Elektrosegment –, haben viele Autobauer in den vergangenen Jahren hohe Summen in neue Technologien und Software investiert, nur um nun feststellen zu müssen, dass für sie ein 'Nur-Elektro'-Ansatz derzeit noch nicht trägt."

Daher kämen auf viele Unternehmen jetzt zusätzliche Investitionen in neue Verbrenner- und Hybridgenerationen zu. Währenddessen bleibe die Konjunktur weiterhin schwach und die geopolitische Lage werde zunehmend volatiler.

"Für viele Hersteller steht das komplette Geschäftsmodell auf dem Spiel", sagt Gall: "Bei einigen Herstellern wird sich mittelfristig die Existenzfrage stellen." Konzerne müssten sich von Altlasten trennen, ihre Portfolios verkleinern und sich auf klar definierte Marktsegmente konzentrieren.

"Größe ist nicht alles, Größe kann sich auch als ein Bremsklotz erweisen, wenn es darum geht, sich an neue Gegebenheiten anzupassen", rät der Experte. Die Zeit zum Handeln sei längst gekommen, denn "die guten alten Zeiten kommen nicht wieder".

Am profitabelsten waren im ersten Halbjahr den Ergebnissen zufolge der japanische Autokonzern Suzuki (mit einer Marge von 10,4%), der südkoreanische Autobauer Kia (10,1%) und Toyota (9,3%). BMW liegt mit einer Marge von 8,6 Prozent auf Rang vier.