Schäden scannen, Aufträge abwickeln: Wo KI im Autohaus schon zum Einsatz kommt

Was in vielen Autohäusern für Diskussionen sorgt, ist bei der Kestenholz-Gruppe dank KI kein Thema mehr. Gibt ein Kunde am Standort Freiburg sein Auto ab, wird es erst einmal durch einen Fahrzeugscanner geschickt, wo eine KI alle äußeren Schäden erfasst.

Das gibt nicht nur einen schnellen Überblick darüber, was am Fahrzeug zu tun ist, sondern auch einen eindeutigen Beweis, welche Schäden schon bei der Ankunft vorhanden sind. "Das erspart unangenehme Gespräche mit verärgerten Kunden", berichtet Chief Digital Officer Manuel Disch.

Er sorgt dafür, dass der Mercedes-Händler technisch auf dem neuesten Stand ist. Dazu gehört auch die Einführung neuer KI-Lösungen. Beispiele sind der Fahrzeugscanner oder ein Sprachbot, der per Telefon Serviceaufträge entgegennimmt und Auskunft zu Fahrzeugbestand sowie Reparaturstatus von Fahrzeugen gibt.

Damit ist die Kestenholz-Gruppe Vorreiter. "Der Großteil der Autohäuser befindet sich aktuell erst in der Orientierungs- und Anfangsphase und beginnt, sich intensiver mit den Möglichkeiten von KI auseinanderzusetzen", so der Branchenverband ZDK.

Doch das Potenzial sei enorm: "Wir kommen gerade in die Phase, wo KI-Anwendungen in der Breite zum Einsatz kommen und auch wirklich Mehrwerte liefern", sagt Benedikt Maier vom Institut für Automobilwirtschaft (IfA).

Das hat Folgen für die Mitarbeiter. "Der Arbeitsalltag wird sich deutlich verändern. Einfache, eintönige Aufgaben werden künftig von KI qualifiziert vorbereitet", sagt Disch. Dazu zählt etwa, Daten aufzubereiten und auszuwerten oder sie in Autohaus-Systeme zu übertragen.

Kurzum: Die KI arbeitet vor, der Mensch kontrolliert das Ergebnis und hat mehr Zeit für Wichtiges, etwa Kundenberatung. "Die Einbindung von KI-Anwendungen kann die Arbeit inhaltlich aufwerten und angenehmer gestalten", sagt Maier.

Dass KI Menschen überflüssig macht, glaubt man weder beim IfA noch beim ZDK oder im Handel. "KI wird keinen einzigen Arbeitsplatz ersetzen, aber die Arbeit signifikant beschleunigen und verändern", sagt Maximilian Drechsler. Er ist Geschäftsführer des gleichnamigen Autohauses, Informatiker und Inhaber einer IT-Firma. Letzten Endes seien KI-Systeme Werkzeuge. Um sie zu nutzen, sei nach wie vor der Mensch nötig.

Und an manche Bereiche wollen Händler ohnehin keine KI heranlassen. Dass etwa KI in Zukunft automatisiert Mails an Kunden schickt, schließt Drechsler aus. "Kundenkontakt ist etwas Wertvolles. Übernimmt diesen KI, wird mein Unternehmen austauschbar und seelenlos", so der Firmenchef.

Unterstützung ist aber erlaubt. Noch in diesem Jahr geht ein lokaler Chatbot nach dem Vorbild von ChatGPT an den Start. ChatGPT selbst ist aus Datenschutzgründen gesperrt.

In Zukunft sollen zudem alle Kundendaten, digitalen Fahrzeugakten und Werkstattaufträge vernetzt und intelligent durchsuchbar gemacht werden. "Meine Vision ist eine Art allgemeines Gedächtnis meines Unternehmens", sagt Drechsler.

Kommt beispielsweise ein Kunde mit seinem Golf ins Autohaus und berichtet von einem merkwürdigen Klopfen, kann eine KI in der Datenbank suchen, ob es einen solchen Fall schon einmal gab. Was mit dieser Information zu tun ist, muss aber wieder der Mensch entscheiden.

Bei der Kestenholz-Gruppe liegt das Hauptaugenmerk derzeit auf der Weiterentwicklung des Fahrzeugscanners. Dieser soll immer mehr Datenpunkte erfassen – etwa den TÜV-Status eines Autos – und so die Datenqualität der Fahrzeugakten verbessern.

Damit die Mitarbeiter die Veränderungen annehmen und neue Prozesse mit KI ein Erfolg werden, sei es unerlässlich, die Belegschaft vorab einzubinden, so Disch. Zudem sei künftig ein Schulungskonzept für KI notwendig. "Damit stellen wir sicher, dass neue Tools so genutzt werden, dass es am Ende effektiv ist."

Dazu rät auch der ZDK. "Schulungsformate sollten praxisnah, verständlich und ohne technisches Vorwissen konzipiert sein", so der Verband. Dieser empfiehlt zudem, einen "KI-Kümmerer" zu benennen, der andere beim Umgang mit den neuen Tools unterstützt.

Maier rät daneben zu einer KI-Richtlinie, die definiert, was erlaubt ist und was nicht. "Das baut Unsicherheiten beziehungsweise Bedenken ab, die sich womöglich im Nicht-Nutzen der Anwendung zeigen." Die Erwartungen an die Fertigkeitsprofile der Mitarbeiter würden sich indes nicht verändern. "Die Einbindung von KI wird sich künftig in allen Lebens und Arbeitsbereichen zeigen. Dies erfordert aber keine spezifische Ausbildung", sagt Maier.

Auch auf aktuell nötige Fertigkeiten kann durch die Mitarbeit von KI in Zukunft nicht einfach so verzichtet werden. Drechsler: "Es ist wichtig, dass der Mensch die Prozesse immer noch selbst versteht und erkennt, ob die KI gerade das Richtige macht."