Social-Leasing-Debatte: "Industriepolitisches Instrument" oder nur ein "Strohfeuereffekt"?

Zwar kommt die Elektromobilität immer besser in Schwung, aber in der breiten Masse ist sie noch nicht angekommen. Für viele Verbraucher sind die Preise zu hoch. Das Social Leasing, bei dem der Staat Geringverdiener beim Erwerb eines neuen E-Autos unterstützt, könnte eine Antwort darauf sein.

"Hinter den Kulissen arbeitet die Politik an dem Thema", sagt ein Branchenlobbyist. Vor allem Vertreter der mitregierenden SPD würden das Thema vorantreiben.

Die Sozialdemokraten hatten das Social Leasing ursprünglich im Entwurf des Koalitionsvertrages platziert, doch am Ende fand das Thema darin keinen Platz.

Dabei kommt es bei den Menschen durchaus an: Knapp drei Viertel (70,5 Prozent) der Autohalter sprechen sich für die Einführung eines Sozialleasings aus. Der Staat solle Geringverdiener so unterstützen, dass die monatliche Leasingrate bei etwa 150 Euro liegt. 

Das geht aus einer Umfrage hervor, die Innofact im Auftrag von Leasingmarkt.de Mitte Juni unter 1000 Autohaltern durchgeführt hat. Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit sind demnach zwei wichtige Argumente für die Befürworter.

Transport & Environment Deutschland sieht im Social Leasing zudem einen Booster für günstige Modelle. "Social Leasing ist weit mehr als eine soziale Maßnahme – es ist ein industriepolitisches Instrument, das der deutschen Autoindustrie den benötigten Absatzmarkt für kleinere E-Autos liefern kann", sagt Susanne Goetz, Referentin für E-Mobilität bei T&E Deutschland.

Demnach könnte Social Leasing in den nächsten fünf Jahren für den Absatz von jährlich 100.000 zusätzlichen Einheiten sorgen. Nach T&E-Einschätzung würde das 2026 den Markt für günstige E-Autos verdreifachen. Mittelfristig wäre es eine Stärkung des Gebrauchtwagenmarktes.

Dabei geht der Verweis immer wieder nach Frankreich, wo der Staat den E-Auto-Absatz bereits mit Sozialleasing fördert. 2023 startete das Projekt: 100 Euro monatlich für ein E-Auto. Die Resonanz war groß, innerhalb von sechs Wochen gab es 90.000 Anträge, mehr als die Hälfte wurden genehmigt.

Jüngst hat die französische Regierung angekündigt, das Social Leasing bis 2030 zu verlängern. Davon profitieren in erster Linie wohl die heimischen Hersteller: Stellantis und Renault sind im E-Kleinwagenbereich gut aufgestellt.

Bei den deutschen Herstellern fehlen die günstigen und kleinen Elektromodelle noch. Dementsprechend verwundert die Skepsis beim Verband der Automobilindustrie wenig. Er sieht im Social Leasing eher eine sozialpolitische als eine industriepolitische Maßnahme.

Auch der Kfz-Handelsverband ist von dem Ansatz nicht überzeugt: "Beim Social Leasing fürchten wir, dass nach dem Ende der Laufzeit wieder auf einen preiswerten und alten Verbrenner zurückgegriffen werden muss", sagt Jürgen Hasler, Geschäftsführer beim Zentralverband Deutsches Kfz-Gewerbe.

Kurzfristig mehr Neuzulassungen, ohne langfristig einen nachhaltigen Bestand zu generieren, könnte die Wertstabilität von Gebrauchten und damit den Gebrauchtwagenmarkt unter Druck setzen. "Fördermodelle sollten stattdessen darauf abzielen, dauerhafte Eigentumsverhältnisse zu schaffen und tragfähige Finanzierungsmodelle zu fördern - nicht aber kurzfristige Strohfeuereffekte", fordert der ZDK.

Um die Nachfrage zu beleben, sieht der Verband neben dem Ausbau der Ladeinfrastruktur ein Maßnahmenpaket aus zinsgünstigen Krediten, steuerlichen Erleichterungen sowie die Berücksichtigung von Restwerten gebrauchter Fahrzeuge als die bessere Variante.

Thomas Peckruhn, neu gewählter ZDK-Präsident: "Wenn E-Mobilität im Alltag funktionieren soll, brauchen wir mehr Transparenz für Kunden, mehr Verlässlichkeit und klare finanzielle Anreize – nur so kommt die Antriebswende auch wirklich bei den Menschen an."