Keine Frage: Die Energiewende im Verkehrssektor ist – unumstritten gerade auch in wissenschaftlichen Expertenkreisen – eine der größten Herausforderungen, die es zu meistern gilt, um die globalen Klimaziele zu erreichen. Eine häufige Annahme in öffentlichen Diskussionen ist, dass genügend grüner Strom aus erneuerbaren Energiequellen wie Solar- und Windkraft bereitgestellt werden kann, um die zunehmende Elektrifizierung des Verkehrssektors zu unterstützen. Doch die Realität ist weitaus komplexer. Auf dem "46. Internationalen Wiener Motorensymposium" 2025 beleuchteten Prof. Dr. Werner Tillmetz von der Universität Ulm und Prof. Thomas Koch die tatsächlichen Herausforderungen, die mit der Bereitstellung von grünem Strom für eine vollständig elektrifizierte Zukunft verbunden sind.
Reicht der Grüne Strom wirklich für die Energiewende?
Die Frage, ob grüner Strom aus erneuerbaren Quellen ausreicht, um die Energiewende zu realisieren, ist komplex. Experten von der Ulmer und Karlsruher Universität beleuchten auf dem "Wiener Motorensymposium" die Herausforderungen der Energiebereitstellung.
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Die Hauptquelle grünen Stroms, nämlich Wind- und Solarenergie, ist naturgemäß schwankend und schwer planbar. Wie Tillmetz auf dem Symposium betonte: "Erneuerbare Energien sind stark wetterabhängig. Das bedeutet, dass wir nicht jederzeit und in der benötigten Menge Strom erzeugen können, was für eine stabile Energieversorgung im Verkehrssektor problematisch ist." In Ländern wie Deutschland, wo die Solarerträge in den Wintermonaten minimal sind und auch der Wind in bestimmten Regionen nicht konstant wehe, stellten diese Schwankungen eine große Herausforderung dar. Tatsächlich sei der grüne Strom zu bestimmten Zeiten des Jahres im Überfluss vorhanden, aber in den sogenannten "dunklen Dürreperioden" (wenn sowohl Wind als auch Sonne ausfallen), entsteht ein deutlicher Stromengpass.
Die zunehmende Verbreitung von Batterie-Elektrofahrzeugen (BEVs) verstärkt die Problematik der schwankenden Energieversorgung. Prof. Dr. Werner Tillmetz präsentierte in Wien eine Schätzung, dass eine 100%-Elektrifizierung der Fahrzeugflotte in Deutschland bis zu 170 Gigawatt zusätzliche Leistung benötigen würde, um die Batterien aufzuladen, wenn keine Energie aus Wind oder Sonne zur Verfügung steht. Diese enorme Menge an Energie könne heute durch Erdgasturbinen erzeugt werden, in Zukunft duch Wasserstoffgasturbinen.
Um eine stetige Energieversorgung sicherzustellen, wurden auch in der Wiener Hofburg intensiv Wasserstoff und E-Fuels als unverzichtbare Energiespeicher diskutiert. Diese Technologien ermöglichen die Umwandlung von überschüssigem grünen Strom in speicherbare Energie. Laut Tillmetz ist der grüne Wasserstoff ein unverzichtbarer Bestandteil der Energiewende. "Mit zunehmendem Ausbau der Elektrolysekapazitäten für Wasserstoffproduktion werden wir in der Lage sein, überschüssigen Solar- und Windstrom in grüne Wasserstoffreserven umzuwandeln, die dann in Brennstoffzellenfahrzeugen genutzt oder in E-Fuels weiterverarbeitet werden können". Diese Flüssigkraftstoffe könnten vor allem für den Schwerlastverkehr und Langstreckenanwendungen von Bedeutung sein, wo die Batterietechnologie aufgrund des hohen Energiebedarfs und der langen Ladezeiten an ihre Grenzen stößt.

Ein unverzichtbarer Bestandteil der Energiewende? Ohne grünen Wasserstoff wird es führenden Experten zufolge in Zukunft nicht gehen.
Prof. Dr. sc. techn. Thomas Koch, seit 2013 Leiter des Instituts für Kolbenmaschinen am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), gab auf dem Symposium einen wichtigen Impuls zum Thema "Grenzen einer eindimensionalen Technologiestrategie". Koch stellte fest, dass die Betrachtung der Elektromobilität allein, ohne den Einfluss und die Anforderungen des elektrischen Energiesystems zu berücksichtigen, unvollständig ist. "Der Übergang zur Elektromobilität ist nicht nur eine Frage der Fahrzeuge, sondern des gesamten elektrischen Energieversorgungssystems", so Koch. Er erläuterte, dass eine rein auf Batterien ausgerichtete Strategie in vielen Fällen an ihre Grenzen stößt, insbesondere in Ländern mit hohem Energiebedarf und schwankender Erzeugung erneuerbarer Energien. Der Ausbau einer ausreichenden Ladeinfrastruktur und die Sicherstellung einer konstanten Stromversorgung sind genauso wichtig wie die Technologie der Fahrzeuge selbst. Nur wenn die Infrastruktur und das Energiesystem die Anforderungen der Elektromobilität bewältigen können, wird die Transformation erfolgreich sein.
Die Vorstellung, dass grüner Strom aus erneuerbaren Quellen für die vollständige Elektrifizierung des Verkehrssektors ausreicht, beurteilten die Fachvortragenden auf dem "46. Internationalen Wiener Motorensymposium" unterm Strich also als "zu optimistisch". Angesichts der schwankenden Verfügbarkeit von Solar- und Windenergie seien Energiespeicherlösungen wie Wasserstoff und E-Fuels von entscheidender Bedeutung. Der Ausbau dieser Technologien sei ein Schlüssel für die Energiewende. Die Ladeinfrastruktur für BEVs und die Produktion von grünem Wasserstoff würden in den kommenden Jahren entscheidend für den Erfolg der Energiewende und den Übergang zu einer klimaneutralen Mobilität sein.