Stuttgart. Russische Investoren zeigen großes Interesse an der deutschen Zulieferindustrie. „Auf Sicht von drei Jahren wird es mindestens fünf bis sechs große deutsche Zulieferbetriebe geben, die entweder ein Joint Venture oder eine bedeutende strategische Partnerschaft mit einem russischen Unternehmen eingegangen sind“, prophezeit der frühere Daimler-Vorstand und heutige Russland-Lobbyist Klaus Mangold im Gespräch mit der Automobilwoche. Als wenig attraktiv gilt bei russischen Investoren indes eine Beteiligung beziehungsweise Übernahme eines europäischen Autoherstellers. „Ich kenne keinen russischen Unternehmer, der sich zurzeit mit einem solchen Engagement auseinandersetzt. Dies gilt auch für Daimler. Wenn es russisches Interesse an einem Daimler-Einstieg gäbe, wüsste ich das“, so Mangold. Seiner Ansicht nach ist auf der einen Seite der Kapitaleinsatz trotz niedriger Börsenkurse relativ hoch. Zum Zweiten verfolgten die Russen die Philosophie, über technische Kooperationen im Zulieferbereich die eigene Wettbewerbsfähigkeit auszubauen
Unternehmen aus Russland wollen mit Investitionen in Deutschland vor allem den Zugang zu schnell verfügbaren Technologien und zu westlichen Vertriebssystemen erhalten. „Russische Unternehmen wollen im Gegensatz zu manchen westlichen Finanzinvestoren nicht den schnellen Rubel machen“, so Mangold. Sie suchten vielmehr ein nachhaltiges, strategisches Engagement: „Gewöhnlich streben sie nach einer Minderheitsbeteiligung, die dann in eine strategische Kooperation mündet.“ Dies gelte besonders für die Automobilindustrie, da die russischen Hersteller und -zulieferer nach Mangolds Worten in ihrer Wettbewerbsfähigkeit etwa 20 Jahre hinter dem Durchschnitt der westeuropäischen Industrie hinterher hinkten. „Deshalb wird händeringend nach Möglichkeiten gesucht, diesen Abstand zu verringern“, betonte er. Geld sei dabei „nicht der Engpass“. Gesucht werde ein „gut geführtes Unternehmen mit einer attraktiven Rendite und einer exzellenten Technologie“, unterstrich Mangold und fügte hinzu: „Die Zahl solcher Unternehmen ist allerdings begrenzt. Notleidende Firmen und Sanierungsfälle stehen nicht auf der Einkaufsliste.“ Derzeit gebe es viele Gespräche vor allem mit großen Mittelständlern, an denen er intensiv beteiligt sei. „Allerdings glaube ich nicht, dass es in den nächsten Monaten zu einem konkreten Abschluss kommt“, so Mangold.