Zunächst wollen wir die Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie erhalten. Außerdem wollen wir gemeinsam die Themen Abgas, Emissionen und auch Sicherheit vorantreiben. Dabei wird intern selbstverständlich hart gerungen, denn wir sind immer noch Konkurrenten. Die Zusammenarbeit funktioniert dennoch gut. Das liegt vor allem daran, dass wir im Gegensatz zu den Pkw-Kollegen im Investitionsgüter-Geschäft tätig sind und praktisch die gleichen Kunden haben: Das sind im Wesentlichen Transportunternehmen und Baufirmen.
Interview: "Wir werden eine Verteufelung des Lkw niemals hinnehmen"
Wichtig ist es, die Politiker zunächst einmal darüber aufzuklären, wo wir heute tatsächlich stehen. Im Gegensatz zur öffentlichen Wahrnehmung ist der Lkw, was die Reduktion von Emissionen angeht, ganz weit vorne. In Europa gilt derzeit Euro-5. Aktuell wird an der nächsten Abgasnorm Euro-6 gearbeitet, die voraussichtlich 2013/2014 verbindlich werden soll. Der gegenwärtige Vorschlag der Europäischen Kommission beläuft sich für Stickoxide auf 0,4 g/kWh. Das sind 80 Prozent weniger als bei Euro-5. Rußpartikel sollen um 45 Prozent auf 10 mg/kWh gesenkt werden. Dabei muss man sagen, dass Euro-5 technologisch bereits sehr anspruchsvoll war und Euro-6 nochmals eine deutliche Herausforderung darstellt.
Dann werden wir im Rahmen der ACEA klarstellen, dass alle Verkehrsträger einbezogen werden müssen. Wir werden eine Verteufelung des Lkw niemals hinnehmen. Dafür gibt es im Übrigen auch keinen sachlichen Grund. Ein vollbeladener 40-Tonner hat einen Co2-Ausstoß von 35 g pro Tonne und Kilometer. Auch bei den als besonders umweltfreundliche geltenden Transportmitteln Binnenschiff und Zug liegen die Emissionen in der gleichen Größenordnung. Vom Flugzeug gar nicht zu reden. Wissen Sie, welche Folgen eine einseitige Belastung hätte?
Wenn der Lkw nicht mehr wettbewerbsfähig wäre, müssten andere Verkehrsträger die Transportleistung übernehmen. Der Lkw hat eine deutlich höhere logistische Flexibilitä und damit einen echten Zeitvorteil. Un der Konsument will nun mal seine Internetbestellung am Liebsten noch heute erhalten. Unter dem Strich wäre das gesamte Wirtschaftswachstum in Europa gefährdet. Die Politiker müssen entscheiden, ob Sie weiter Mobilität oder zurück in Richtung Steinzeit gehen wollen.
Wenn wir uns als Gesellschaft für Wirtschaftswachstum, freien Warenverkehr und die heutigen Annehmlichkeiten entscheiden, muss massiv in den Ausbau der Infrastruktur investiert werden. Bei einem mittelfristig deutlich ansteigenden Transportvolumen lassen sich alleine durch die Vermeidung von Staus hohe Emissionen einsparen. Das gilt übrigens nicht nur für Lkw. Auch die Infrastruktur anderer Verkehrsräger reicht bei weitem nicht aus. Die Rheinschifffahrt braucht größere Schleusen, der Zug neue Trassen. Ziel muss es dann sein, die Verkehrsträger besser zu vernetzen. Tatsächlich haben wir aber vor allem in Deutschland zu niedrige Investitionen, die nicht einmal den Erhalt des bestehenden Netzes sichern.
Als Lkw-Hersteller sind wir sei jeher verpflichtet, unsere Kunden gegenüber anderen Verkehrsträgern wettbewerbsfähig zu halten. Da die Spritkosten mit bis zu 50 Prozent den mit Abstand größten Block bei den Betriebsausgaben darstellen, findet der Wettbewerb der Hersteller nicht zuletzt über einen günstigen Verbrauch statt. Und geringerer Verbrauch heisst geringere Emissionen. Solange der Dieselpreis auf diesem Niveau bleibt, wird das ein Top-Thema sein und die technische Innovation weitergehen. Das ist Verpflichtung genug.
Wir gehen davon aus, dass es nicht eine zusätzliche Maut geben soll, sondern dass im Rahmen der bestehenden nationalen Mautregelungen Fahrzeuge unterschiedlich belastet werden sollen. In Deutschland ist es auch heute schon so, dass Euro-4 Fahrzeuge mehr bezahlen müssen als Euro-5-Fahrzeuge. In der Bundesregierung wird dann zum Beispiel auch diskutiert werden, ob Lkw mit bestimmten Sicherheitseinrichtungen weniger Maut bezahlen müssen als andere. Am Ende werden Mauterhöhungen die Transportkosten erhöhen un diese werden dann meist mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung an die Kunden weitergegeben.
Möglicherweise wird der Markt dann anfangs etwas stärker nachgeben, wenn die Gesamtkonjunktur 2009 auch etwas schlechter ist. Eine nachhaltige Auswirkung auf die Nachfrage sehe ich aber nicht.
In Gesamteuropa gehen wir immer noch von einer Steigerung aus. Die Märkte in Westeuropa werden stabil bleiben. Osteuropa wächst immer noch auf hohem Niveau, wenn auch nicht mehr so stark wie in den letzten zwei Jahren. Die USA leidet noch immer unter der Hypothekenkrise, was sich besonders auf das Baugeschäft auswirkt. Wir gehen davon aus, dass der Markt stabil ist, vielleicht sogar etwas wächst. Eine zyklische Belebung der Lkw-Nachfrage wird in Abhängigkeit der weiteren konjunkturellen Entwicklung frühestens in der zweiten Jahreshälfte einsetzen. Japan ist - wie abzusehen war - ungefähr auf dem Level vom letzten Jahr. Also immer noch im Minus. Unter dem Strich gehen wir weiter von einer Absatzsteigerung bei Daimler Trucks aus. Das wird sich dann auch im Ergebnis niederschlagen.
Europa insgesamt wird in etwa auf Niveau von 2008 bleiben. Vielleicht geht der Markt leicht zurück. Das ist aber nicht dramatisch, weil wir derzeit auf einem sehr hohen Niveau sind. Wir gehen in unserem Lkw-Werk in Wörth und dem Komponenten-Standort Mannheim auch 2009 von einer hohen Auslastung aus. In Russland sowie dem Mittleren und Fernen Osten sollte die Nachfrage weiter steigen. Auch in den USA rechnen wir mit einer Steigerung. Das hängt aber stark von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ab. Insgesamt dürften die Vorzieheffekte durch die Abgasnorm EPA 010 aber nicht so deutlich ausfallen wie 2006, dem Jahr vor der Einführung der EPA 07. Falls der Markt wieder anzieht, gehören wir sicherlich zu den Anbietern, die die Kapazitäten am Schnellsten hochfahren können.
In diesem Jahr können wir das noch ganz gut ausgleichen. Außerdem arbeiten wir mit den Lieferanten daran, wie man das auch in Zukunft kompensieren kann. Wenn der Stahlpreis um 20 Prozent steigt, wird man das aber nicht ganz ausgleichen können. Es wird also dazu führen, dass die Produkte etwas teurer werden müssen. Man muss aber dazu sagen, dass der hohe Eurokurs dämpfend auf die Materialpreise in Europa wirkt. Wenn wir aber nach USA oder Japan gehen, ist die Belastung dort schon deutlicher. Letztendlich müssen Lieferant und Hersteller ihren Teil tragen. Grundsätzlich gibt es bei Daimler Trucks noch immer genügend Stellschrauben, nicht zuletzt auch durch die Vereinheitlichung von Komponenten, die noch längst nicht abgeschlossen ist. Bereits heute haben wir 300 Millionen Euro an Einsparung jährlich erzielt. Ziel ist es, diesen Wert in den nächsten Jahren mindestens zu verdoppeln.