Nach der Übernahme der EDS vor zwei Jahren und deren Integration (siehe Kasten, die Red.) stellen wir nun die Weichen auf Wachstum. Dabei konzentrieren wir uns vorrangig auf vier Felder: Erstens auf die Elektromobilität und die Vernetzung des Fahrzeugs mit dem Internet. Zweitens den Bereich Vertrieb und Aftersales mit neuen Angeboten zum Customer Relationship Management – kurz CRM genannt. Drittens wollen wir die Kunden bei der Produktentwicklung unterstützen. Große Wachstumschancen sehen wir viertens durch die Übernahme der kompletten IT eines Hersteller- oder Zuliefererwerks, was auch den IT-Betrieb umfassen kann. Dazu kommt unser traditionelles Geschäft ...
"Wir wollen unsere Vormachtstellung ausbauen"
Das Fundament für alle unsere branchenspezifischen Angebote sind nach wie vor führende IT-Infrastruktur-Lösungen wie der Betrieb von Rechenzentren im Rahmen von Outsourcingprojekten und das Application-Management. Auch in diesem Geschäft, das von einem reinen Verdrängungswettbewerb geprägt ist, wollen wir angreifen. Dafür wird HP eine Milliarde Dollar in die Automatisierung und Flexibilisierung der Rechenzentren investieren, aus denen wir unsere Kunden bedienen. Hier spielen die Kompetenzen der EDS, die häufig als Erfinder des Outsourcing bezeichnet wird, eine wesentliche Rolle.
Wir haben im Zuge der Neuausrichtung nun einen weltweit koordinierten Auftritt für die Autobranche. Dazu wurde das "Global Automotive Center of Excellence“ etabliert, das aus den weltweiten Beratern vor Ort mit Branchenexpertise und zwei so genannten Delivery Centern in China und Indien besteht. In diesen Centern sitzen schon etliche 1000 Experten und wir werden die Mitarbeiterzahl noch massiv ausbauen. Dort wird speziell für die Lösung beim Kunden Software entwickelt und auch das Application Management erbracht. Die Standorte China und Indien wurden übrigens nicht nur aus Kostengründen gewählt, sondern weil in dieser Region die Autobranche stark wächst.
Zunächst muss man feststellen, dass der Einzug des Internets ins Fahrzeug bisher kaum stattgefunden hat. Wir denken aber, dass das Elektrofahrzeug der Katalysator für den Durchbruch solcher Anwendungen im Volumenbereich wird: Ohne die Vernetzung und entsprechende Dienstleistungen kann ein Elektrofahrzeug praktisch nicht auf den Markt gebracht werden. Die Kunden wollen nicht nur den aktuellen Ladezustand der Batterie, sondern beispielsweise auch die Berechnung der Reichweite und die Navigationshilfe zur nächsten Ladestation.
Für solche und alle weiteren Dienste, die man noch entwickeln kann, wollen wir eine IT-Serviceplattform anbieten. Darauf werden alle Anwendungen abgewickelt und später auch die Rechnung erstellt. Entscheidend dabei ist, dass die Plattform standardisierte und vereinheitliche Dienstleistungen anbietet, die im Hintergrund ablaufen. Damit können unterschiedlichste Kunden die Plattform nutzen und von den Skaleneffekten profitieren.
Sicher sind die Hersteller eine große Zielgruppe. Dazu kommen aber weitere mögliche Kunden wie Autovermieter, Versicherungen oder Kommunen, die Parkhäuser mit Ladestationen betreiben. Die Nutzer der Plattform können ihre Services unter ihrer Marke anbieten und dabei im Auto offene oder geschlossene Systeme verwenden. Wir arbeiten nur im Hintergrund und sorgen dafür, dass es reibungslos funktioniert und die Kosten so gering wie möglich bleiben.
Wir haben bereits einen Hersteller, der in den nächsten Monaten weltweit Elektrofahrzeuge auf den Markt bringt. Für dieses Unternehmen werden wir auf einer Serviceplattform die oben angesprochenen Dienstleistungen erbringen. Dazu führen wir mit weiteren Herstellern Gespräche. Ich bin mir sicher, dass wir mit der Markteinführung der Elektrofahrzeuge weitere Kunden gewinnen.
Dort gibt es immenses Potenzial bei der Prozessverbesserung und der Datenintegration zwischen dem Hersteller und dem Point of Sales. Unser Ansatz hierfür ist "Cloud Based Automotive CRM“. Wie der Name sagt, werden die Daten dezentral in im Internet gespeichert – in einer so genannten private Cloud. Insgesamt verbessern wir das Zusammenspiel von Hersteller und Händler massiv. Ein Aspekt davon ist, dass wir die Kundendaten der Händler anonymisiert dem Hersteller zur Verfügung stellen können und dieser dadurch mehr Transparenz über Markt und Kunden erhält.
Weil nur noch für die Nutzungszeit des Systems bezahlt wird, braucht der Händler nicht mehr in Hardware und Software investieren. Durch die gemeinsame Infrastruktur ergeben sich höhere Skaleneffekte. Eine Untersuchung bei einem großen Hersteller, der bisher sein System selbst betreibt, hat einen positiven Gewinnbeitrag – also Zusatzgewinn abzüglich der Kosten – im zweistelligen Millionen-Bereich pro Jahr ermittelt. Dabei ist der positive Effekt beim Händler noch gar nicht berücksichtigt. Große Nachfrage für dieses System gibt es vor allem in Asien, wo derzeit massiv in die Händlernetze investiert wird. Wir sind mit mehreren Kunden in finalen Gesprächen, die Markteinführung steht unmittelbar bevor.
Hersteller und Zulieferer investieren massiv in den Auf- und Ausbau von Kapazitäten in Emerging Markets. Häufig kann die konzerneigene IT-Abteilung das mit eigenen Mitteln nicht mehr stemmen. Deshalb bieten wir eine schlüsselfertige Dienstleistung: HP übernimmt die gesamte IT eines Werks, also die Hardware, die Software und die Netze. Dabei garantieren wir im Rahmen eines Servicevertrags eine bestimmte Verfügbarkeit der Systeme in der Montage.
Richtig. Hier verpflichten wir uns konkret auf eine Verfügbarkeit von 99,85 Prozent. In Bratislava haben wir die gewachsene IT übernommen. Wir können aber auch eine Standardarchitektur einführen oder beides verbinden. Falls der Kunde es wünscht, übernehmen wir auch den Betrieb der IT. Für solche Services sehen wir übrigens durch die notwendige Modernisierung in bestehenden Werken großen Bedarf.
Auch hier spielen die schnell wachsenden Schwellenländer eine wichtige Rolle. Viele Hersteller und Zulieferer bauen dort Forschungs- und Entwicklungszentren auf. Das Bedürfnis an IT im Entwicklungsumfeld wächst so stark, dass sie mit ihren Datenzentren an ihre Kapazitätsgrenzen kommen. Wir bieten deshalb die komplette Technologie für solche Entwicklungszentren an. Vereinfacht gesagt kommt die HP-Lösung in einem Container und der Kunde muss nur noch sein Strom- und Datenkabel einstecken. Wir übernehmen auf Wunsch auch den Betrieb. Neben diesen Services engagieren wir uns weiter mit Lösungen zur virtuellen Produktentwicklung und zur Zusammenarbeit der Entwickler beispielsweise über Videokonferenzen etc. Auch das Reselling von Lösungen für das Product-Lifecycle-Management bleibt in unserem Fokus. Erst vor kurzem haben wir mit Siemens PLM dazu eine weltweite Vereinbarung getroffen.
HP und Automotive
Das US-Technologieunternehmen Hewlett-Packard ist vor allem für Drucker und andere Hardware bekannt. Dabei macht der börsennotierte Konzern aus Palo Alto über 75 Prozent seines Umsatzes mit IT-Dienstleistungen wie Outsourcing und Applikation Management. Das Unternehmen nennt zwar keine konkreten Zahlen, doch nach eigenen Angaben und nach Schätzungen von Analysten ist HP weltweit der größte IT-Partner der Autoindustrie. Erst vor Kurzem hat HP mit General Motors einen Fünfjahresvertrag über zwei Milliarden Dollar geschlossen. Die starke Verankerung in der Autobranche geht auch auf die Übernahme der GM-Tochter EDS im Jahr 2008 zurück, deren Integration mit 175.000 Mitarbeitern nun abgeschlossen ist. Heute betreut HP 65 Automotive-Kunden, darunter alle großen OEMs und Zulieferer mit weltweiten Services.
Wir sind heute schon der mit Abstand größte IT-Partner der weltweiten Autoindustrie. Nun wollen wir mit einer neuen Organisation und Strategie diese Vormachtstellung ausbauen. Konkret bedeutet das, dass wir künftig mit mindestens dem Faktor 1,5 über dem Marktwachstum zulegen wollen, das laut Analystenschätzungen um die drei Prozent liegen dürfte. Derzeit verzeichnen wir ein deutliches Anziehen der Nachfrage. Wir sind fast schon wieder auf dem Vorkrisen-Niveau des Jahres 2008. Ein Grund ist, dass die aufgeschobenen Investitionsentscheidungen nun umgesetzt werden. Außerdem gewinnt durch die Krise der Transformationsprozess der Autoindustrie deutlich an Fahrt: Die Hersteller bauen ihre Präsenz in den Emerging Markets stark aus. Darüberhinaus konzentrieren sich viele auf die Verbesserung von Prozessen im Vertrieb und Aftersales. Drittes großes Thema ist die Elektromobilität und daraus entstehende neue Geschäftsprozesse. Dies alles adressieren wir mit unserer neuen Strategie.