Frankreich wird von einer sozialistischen Regierung geführt und im Parlament hat die Regierung eine klare Mehrheit. Da wundert es nicht, dass Staatspräsident Francois Hollande in der neuen Automobilkrise eine Chance sieht, sich zu profilieren.
Es würde aber zu kurz greifen, die am Mittwoch vom Minister für industriellen Wiederaufbau (sic!), Arnaud Montebourg, vorgestellten Maßnahmen allesamt in Bausch und Bogen als wettbewerbsverzerrende, protektionistische Hilfsaktion zu Gunsten der französischen Autobranche zu verdammen. Denn Frankreich wird sich zur Zeit immer bewusster, dass es schleunigst eine Reformbewegung ŕ la "Agenda 2010" braucht, wenn es industriell auf Augenhöhe mit Deutschland weiterspielen will.
In dem Paket finden sich Maßnahmen wie die Förderung der Elektromobilität, die eher den ökologischen Kräften in der Regierung geschuldet sind als den Hilferufen der französichen Autobauer. Selbstverständlich wird PSA nicht auf die Beine kommen, weil die Regierung den Kauf von E-Autos nochmals deutlich stärker subventioniert als bisher. Auch die staatlich geförderte Installation von Elektro-Ladesäulen in zwölf französischen Großstädten und die verstärkte Anschaffung von E-Autos durch die öffentliche Hand wird der Autobranche in unserem Nachbarland nicht zum Neustart verhelfen.
Viel interessanter ist aber die Einsicht der Hollande-Regierung, dass die französische Industrie insgesamt - und nicht nur die Automobilbranche - wieder Luft zum Atmen braucht, sowohl was überbordende Regulierungswut, unerfüllbare staatliche Rentenversprechungen als auch brutal eng gewordene finanzielle Spielräume betrifft.
Im Frankreich des Francois Hollande könnte sich wieder einmal die alte Mutmaßung bestätigen, dass einschneidene Reformen eher von linken Regierungen durchgesetzt werden können als von konservativen Kräften.
Besonders interessant an den in Grundzügen vorgestellten Hilfen ist die Schaffung eines Innovationsfonds, der zunächst mit 350 Millionen Euro ausgestattet sein soll. Zukunftsweisend schein auch die Entscheidung zu sein, nicht nur die Autohersteller, sondern auch die Zulieferer zu unterstützen - dazu sollen vorerst 150 Millionen Euro für die Modernisierung von Produktionsanlagen locker gemacht werden, die aber Investitionen in Höhe von mindestens 450 Millionen Euro auslösen sollen.
Eher moderat klingt auch der Passus in der Regierungsankündigung, wonach die Sozialpartner in einen "sozialen Dialog" treten sollen, statt mit Schlagwörtern um sich zu werfen. Die Regierung Hollande weiß: Mit kämpferischen Parolen und dem sturen Festhalten an Arbeitsregelungen kommt die französische (Automobil-) Industrie nicht auf die Beine.
Besonders aufhorchen sollte die deutsche Automobilbranche bei der Ankündigung von Minister Montebourg, der die neuen Handelsabkommen mit Asien und insbesondere mit Südkorea einer neuen Prüfung unterziehen will. Denn Hyundai und Kia schnappen Peugeot, Citroen und Renault in ganz Europa Kunden weg. Falls die deutsche Kanzlerin sich dieser Haltung anschließt, könnte daraus eine Neuverhandlung der für Westeuropa so nachteiligen Handelsverträge resultieren.