Internet im Fahrzeug schwächt Autohandel

Stuttgart. Durch den Einzug des Internets ins Fahrzeug können Hersteller den Umsatz und Ertrag massiv steigern - der Autohandel dürfte eher geschwächt aus der technologischen Entwicklung hervorgehen. "Die Autohersteller werden durch die Informations- und Kommunikationssysteme im Auto in Zukunft viel mehr über die Kunden wissen als in der Vergangenheit. Das gibt ihnen die Chance, die Kunden früher und zielgenauer auf den Kauf eines neuen Fahrzeugs oder die Durchführung einer Werkstattarbeit anzusprechen", so das Fazit von Professor Willi Diez vom Institut für Automobilwirtschaft (Ifa) an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Nürtingen-Geislingen. Das IfA hat in Zusammenarbeit mit dem IT-Prozess- und Beratungshaus Mieschke Hofmann und Partner (MHP) eine Studie zum Thema "Auswirkungen von Car-IT auf den Automobilvertrieb und Automobilservice" erstellt.

Die Vernetzung des Autos mit dem Internet wird nach Meinung von MHP-Chef Ralf Hofmann vor allem von jüngeren Generationen getrieben, für die der Internetzugang über das Smartphone eine Selbstverständlichkeit darstellt: "Dies wird auch beim Auto kaufentscheidend werden." Offen ist nach Meinung von Experten aber, wie schnell die Autohersteller die Wünsche der Kunden in bezahlbare Produkte umsetzen. "Viele Hersteller haben noch keine Car-IT-Strategie", so Diez. Die Wahrnehmung für das Thema nehme aber zu.

Die größten Auswirkungen auf den Automobilhandel ergeben sich seiner Ansicht nach durch die Daten, die automatisch mit der Vernetzung des Fahrzeugs anfallen. Dazu gehören Daten zum Fahrer, Nutzungsprofile und auch die Daten zum Zustand des Fahrzeugs. Die bereits heute vorhandenen Daten sind über Hersteller, Handel und Finanzdienstleister verteilt. "Künftig kommt es zu einer Zentralisierung der Daten beim Hersteller. Der Handel gerät somit in eine Stand-by-Funktion", so Diez. Technologiegetrieben sei der Handel dann nicht mehr der erste Ansprechpartner für den Kunden. Möglich ist zum Beispiel, dass der Hersteller direkt ins Fahrzeug ein neues, auf den Kunden zugeschnittenes Leasingangebot sendet. Im Reparatur- und Wartungsfall kann er das Fahrzeug über die Navigation zu einer bestimmten Werkstatt lotsen und möglicherweise zuvor online einen entsprechenden Termin vereinbaren.

"Der Einsatz von Car-IT wird das Kundenbeziehungsmanagement in der Autoindustrie verändern", ist sich Hofmann sicher. Dabei zeigen Beispiele aus den heutigen Prozessen im Customer Relationsship Management (CRM), das über vorauschauende Wartungsinformationen und der Prävention von Wandlungen von Kaufverträgen bei besonders schadenanfälligen Fahrzeugen hohe Zusatzumsätze mit der Vernetzung möglich sind. "Die Frage ist, wer als erster den Datenstrom abschöpfen wird", so Robert Marek, MHP-Partner im Bereich CRM und Retail Business Management.

Kommt das vernetzte Fahrzeug im Massensegment, ist das bestehende Geschäftsmodell des Handel massiv gefährdet. "Dafür gibt es im Autohandel aber nur eine geringe Sensibilität", hat Diez festgestellt. Um zu zeigen, wie schnell eine technologische Entwicklung Rahmenbedingungen verändern kann, führt er den Gebrauchtwagenhandel als Beispiel an. Der sei innerhalb von wenigen Jahren komplett vom Händler zu Internetanbietern abgewandert. (Foto: Daimler)