Stuttgart. Entwicklungsdienstleister MBtech hat sich mit der IG Metall auf ein unternehmensweit einheitliches Vergütungssystem geeinigt, das nicht nur die Anhebung der Einstiegsgehälter vorsieht, sondern die künftige Gehaltsentwickung an den Tarifabschluss in Baden-Württemberg bindet. "Wir glauben, dass wir damit auf einem nicht einfachen Arbeitsmarkt die Chance haben, Mitarbeiter zu gewinnen", zeigte sich MBtech-Geschäftsführer Christoph Schmidt-Arnold bei der Präsentation des Abschlusses gemeinsam mit der Gewerkschaft zufrieden. Er betonte, dass das neue Vergütungssystem auch wirtschaftlich vertretbar sei.
Im vergangenen Jahr hat MBtech einen Umsatz von 390 Millionen Euro erzielt. Im Ranking der Automobilwoche liegt das Unternehmen mit Automotive-Erlösen von 365 Millionen Euro an Nummer fünf der weltweit umsatzstärksten Entwicklungsdienstleister hinter AVL, EDAG, Bertrandt und IAV. Engineering-Firmen sind üblicherweise nicht gewerkschaftlich organisiert. Dass ein solcher Dienstleister, der günstiger sein muss als die hauseigenen Entwickler des Autoherstellers, mit der IG Metall einen Tarifvertrag abschließt und sich an Tariferhöhungen kettet, ist außergewöhnlich.Die ehemalige Daimler-Tochter gehört seit Dezember 2011 zu 65 Prozent dem französischen Engineering-Dienstleister Akka, der bei der Übernahme der Anteile eine deutliche Verbesserung der Profitabilität gefordert hat. Erst im Mai hat Akka die alte, von Daimler eingesetzte Geschäftsführung neu geordnet: Während Schmidt-Arnold als Finanzvorstand bestätigt wurde, verließ der langjährige Sprecher Werner Kropsbauer das Unternehmen. Der dritte Geschäftsführer, Hartmut Tresp, rückte auf den neu geschaffenen Beratungsposten des Non-Executive Chairman. Noch immer ist der Stuhl des CEO unbesetzt. Insgesamt zogen sich die Tarifverhandlungen über mehr als anderthalb Jahre. Waren noch unter Daimler die Fronten stark verhärtet, mussten die Gespräche durch den Eigentümerwechsel unterbrochen werden. Mit der neuen Ausrichtung habe eine konstruktive und sachliche Arbeit eingesetzt, wie beide Parteien betonen.MBtech hebt Einstiegsgehälter an
Notwendig wurde die Vereinheitlichung des Vergütungssytems für die rund 2000 Beschäftigten in Deutschland - 1500 davon sind im Großraum Stuttgart tätig - durch den Wachstums- und Akquisitionskurs in den vergangenen Jahren. Dadurch entstand nach Darstellung von Schmidt-Arnold eine "sehr bunte und heterogene Vergütungslandschaft". Ein einheitliches und klares System sei ein wesentlicher Wunsch der Mitarbeiter gewesen. "Mit dem Haustarifvertrag bei der MBtech ist es uns gelungen, ein in sich geschlossenes und transparentes Vergütungssystem einzuführen, das die Situation in der MBtech abbildet und der Komplexität gerecht wird", so Uwe Meinhardt, erster Bevollmächtigter der IG Metall Stuttgart.
Das System definiert 22 so genannte Job-Familien. Dabei wird zum Beispiel zwischen einen Softwareentwickler oder einem Konstrukteur unterschieden. Um die Anforderungen an die einzelne Tätigkeit zu erfassen, gibt es über alle Job-Familien hinweg noch Job-Levels. Ingenieure steigen nach dem Studium als Professional 1 ein. Je nach Berufserfahrung und konkreter Verantwortung können sie bis zu Professional 4 klettern. Für jedes dieser Level wurde ein Gehaltsband festgelegt, weil es durch die große Streuung im Unternehmen ohne Härten und Ungerechtigkeiten nicht möglich war, ein einheitliches Tarifgehalt zu definieren. Das Einstiegsgehalt bei P1 beträgt 42.000 Euro.Rund zehn Prozent der Beschäftigten liegen derzeit unter dem neuen Mindesteinkommen. "Wir werden nun im ersten Schritt diese Einkommen anheben", kündigt Schmidt-Arnold an. Für Meinhardt ist aber klar, dass in den nächsten Jahren sowohl die Breite des jeweiligen Gehaltsbands verringert als auch das Entgeltniveau insgesamt angehoben werden muss. Dazu sollen die vereinbarten Tariferhöhungen durch die Anlehnung an den IG-Metall-Tarifvertrag verwendet werden. Die Hälfte des Erhöhungwerts erhalten die MBtech-Beschäftigen kollektiv ausbezahlt. Die andere Hälfte soll zur leistungabhängigen Entlohnung eingesetzt werden. Außerdem beteiligt MBtech die Mitarbeiter am Unternehmenserfolg.Die Laufzeit des Haustarifvertrags ist auf vier Jahre festgelegt. Aufgrund des "experimentellen Charakters" , so Originalton Meinhardt, sind Anpassungen in Absprache jederzeit möglich. Am Ende der Laufzeit wollen die Partner das Vergütungssystem überprüfen. Derzeit finden bereits Neueinstufungen statt. Im März soll das System stehen. Die Entgelte werden rückwirkend zum 1. Januar angepasst. "Ganz wichtig ist, dass kein einziger Mitarbeiter in der Überführung schlechter gestellt wird", so Schmidt-Arnold. Gegen die Einstufung gibt es ein Reklamationsrecht. Mit eventuellen Beschwerden befasst sich eine paritätisch besetzte Kommission.
Betriebsrat Norbert Droste zeigte sich zufrieden über die gefundene Lösung, die in Belegschaftsversammlungen quer durch alle Standorte auf eine positive Resonanz gestoßen sei. Trotz der Bindung an den IG-Metall-Tarif verfügt das Unternehmen laut Schmidt-Arnold über genügend Gestaltungsspielraum: "Wir müssen marktkonforme Gehälter bezahlen. Das ist mit dem neuen Vergütungsystem möglich."