Daimler vertieft Partnerschaft mit Google

Las Vegas. Daimler treibt mit Hochdruck die Vernetzung des Fahrzeugs mit dem Internet voran und vertieft die strategische Partnerschaft mit dem US-Internet-Giganten Google. "Gerade an den Schnittstellen von Kommunikation und Mobilität schlummern riesige Innovationspotenziale. Die wollen wir heben“, sagte Daimler-Chef Dieter Zetsche in seiner Keynote auf der weltgrößten Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas. Für den deutschen Autohersteller ist die Verbindung von Fahrzeugen mit dem Internet der elementare Schlüssel für die Lösung vieler Herausforderungen wie der Endlichkeit des Öls, Umweltproblemen und vor allem Staus. "Die besten Tage des Automobils kommen noch“, versprach Zetsche.

Um die Vernetzung zu beschleunigen und mehr Online-Services anbieten zu können, haben Daimler und google auf der CES die Vertiefung ihrer strategischen Partnerschaft bekannt gegeben. Der deutsche Autobauer erhält frühen Zugang zu neuen Funktionalitäten von google. Das US-Unternehmen stellt Daimler so genannte Schnittstellen zur Anwendungsprogrammierung (application programming interfaces – APIs) zur Verfügung. Dazu gehören unter anderem Google Maps und ortsbezogene Dienstleistungen (location based services) wie die Suche nach einem Restaurant abhängig vom eigenen Standort.

Die Stuttgarter kooperieren schon seit einigen Jahren mit dem erst seit 1998 gegründeten Internet-Suchmaschinen-Konzern aus Mountain View im kalifornischen Silicon Valley. In Europa bietet Mercedes mit der Markteinführung des Navigations- und Infotainmentsystems Comand Online erstmals den Zugang zum Internet an. Dazu gehören unter anderem Apps wie Google Street View, Panoramio und ortsbezogene Dienste. Außerdem können Mercedes-Fahrer mit google Maps individualisierte Fahrtrouten am eigenen PC konfigurieren und diese in das Navigationssystem herunterladen. Daimler ist der erste Autohersteller, der diesen google-Service anbietet. Im Gegensatz zu anderen Herstellern stellt Mercedes die Mobilfunkverbindung zum Internet über das Smartphone her und verzichtet somit auf eine fest eingebaute SIM-Karte im Auto. Die Apps und Online-Dienste laufen auf einem zentralen Server. Dadurch können neue Funktionen laufend bereitgestellt und die Multimediasystem upgedated werden, ohne dass der Kunde in die Werkstatt muss. "Wir können so mit den schnellen Innovationszyklen der Consumer-Branche Schritt halten“, so Zetsche. Außerdem sei Daimler der einzige Hersteller, der durch ein Virtual Private Network (VPN) eine sichere Internetverbindung herstelle.

In den USA baut Mercedes mit der neuesten Generation mbrace2 die Telematikdienste aus. Das System, das als erstes im neuen Luxus-Roadster SL auf den Markt kommt und im Frühjahr in allen Baureihen flächendeckend angeboten wird, bietet nun den Zugang zum Internet und zahlreiche Fernbedienungsfunktionen über das Smartphone. Mit diesem Schritt können Mercedes-Kunden unter anderem frei im Internet surfen, erhalten den Zugriff auf Facebook und können weitere Online-Dienste nutzen. Außerdem ermöglicht das System die Ferndiagnose der Fahrzeuge und die Kontaktaufnahme mit dem Händler. Die erste Generation embrace kam im November 2009 auf den Markt. Das Basispaket ist in den ersten sechs Monaten im Kaufpreis enthalten. Dann kostet das Abo 280 Dollar jährlich. Zum Plus-Paket für 20 Dollar monatlich gehört ein so genannter Concierge-Service. Dabei wird man per Knopfdruck mit einem "persönlichen Assistenten“ verbunden, den man mit verschiedensten Dienstleistungen beauftragen kann. Laut Daimler nutzen viele Kunden den Service für die Planung und Buchung von Reiserouten und sogar zur Bestellung von Lebensmitteln. Rund 80 Prozent der Mercedes-Kunden in den USA abonnieren die Services. Nach Auskunft von Daimler ist das System profitabel. Die Preise für die Dienstleistungen von mbrace2 stehen noch nicht fest.

In seiner Rede wies Zetsche der Vernetzung eine Schlüsselrolle für die Zukunft des Automobils zu. Während immer mehr Menschen durch das Auto ihre individuelle Freiheit steigern, nähmen andere Abhängigkeiten zu: Das Öl ist endlich, die Umweltprobleme verschärfen sich und nicht zuletzt gefährdet das hohe Fahrzeugaufkommen in Metropolen den gesamten Verkehr. "Wenn es eine Herausforderung für das Auto gibt, dann ist es sein anhaltender Erfolg“, so der Daimler-Chef. Heute, im 21. Jahrhundert, markiere die Elektromobilität das Ende des Öl-Zeitalters. Voraussetzung für eine flächendeckende Elektromobilität – zu der er auch die Brennstoffzelle zählt - ist seiner Ansicht nach die Vernetzung des Fahrzeugs. Durch den Internetzugang lassen sich die durch die Batterie begrenzte Reichweite planen, Ladestationen finden und ein intelligentes Stromnetz steuern, in dem die Fahrzeuge auch als Energiespeicher dienen.

Als weitere Beispiele für die künftige Vernetzung nannte Zetsche den Informationsaustausch von Fahrzeugen untereinander und mit der Infrastruktur (car-to-car, car-to-x), was nicht nur für einen besseren Verkehrsfluss, sondern auch für eine erhöhte Verkehrssicherheit sorgen könnte. Neue Geschäftsmodelle sieht der Manager in Mobilitätskonzepten wie Car2go. Der von Daimler erfundene innovative Carsharing-Service ermöglicht per Smartphone die spontane Miete eines Fahrzeugs, das der Nutzer am Ort seiner Wahl wieder abstellen kann. "Unsere Vision ist, dass wir in einer einzigen App die verschiedensten Transportmittel zusammenfassen, die man sich nach den persönlichen Bedürfnissen auswählen kann“, so Zetsche. "Wenn wir das Beste aus beiden Welten – Mobilität und Connectivity – zusammenbringen, können wir nicht nur die traditionellen Stärken des Automobils bewahren, sondern auch weiteres nachhaltiges Wachstum und zusätzliche Geschäftsmöglichkeiten kreieren.“ (Foto: Daimler)