Wie wollen Sie BMW und Audi überholen?
Unsere Wachstumsstrategie sieht zum einen die Ausweitung der Produktpalette um zehn neue Modelle bis 2015 vor. Vor allem die neue Kompaktwagengeneration mit fünf Varianten spielt eine wichtige Rolle beim Volumen. Auf der anderen Seite wollen wir die Effizienz steigern. Da haben wir mit unserer Architektur- und Modulstrategie die Hausaufgaben gemacht. Anstatt wie früher jedes Auto von Grund auf neu zu entwickeln, setzen wir jetzt im Schwerpunkt auf drei Architekturen: eine für heckgetriebene Limousinen, eine für SUVs und eine für frontangetriebene Kompaktmodelle. Die heckgetriebene Architektur geht demnächst bereits in die zweite Generation. Neben vielen Verbesserungen holen wir damit noch weitere Synergien, weil die SUV und die Limousinen noch näher zusammenrücken. Die neue kompakte Architektur ist mit der B-Klasse im Herbst gestartet, weitere Modelle folgen in Kürze. Zusätzlich haben wir rund 90 Module standardisiert, die über alle Architekturen hinweg zum Einsatz kommen.
Wie hoch ist das Einsparpotenzial?
In jedem Modul stecken signifikante Potenziale. Wir rechnen mit einer Kostenentlastung von mehr als 1,5 Milliarden Euro jährlich. Es ist unser Ziel, dass dieser Einspareffekt spätestens 2015, besser schon 2014 voll wirkt. Dies hilft uns auch, die hohen Aufwendungen, in die Entwicklung von umweltfreundlicheren Fahrzeugen mit alternativen Antrieben zu stemmen. Heute können wir dem Kunden nur einen Teil der Kosten beispielsweise für die Steigerung der Wertanmutung oder für Spritspartechnologien berechnen. Das müssen wir kompensieren. Bei alternativen Antrieben wird das nicht anders sein.
Können Sie sich vorstellen, auf der Kompaktwagen-Architektur mehr als die genannten fünf Modelle zu bauen?
Mehr als fünf Fahrzeuge sind mit der ersten Generation der neuen Architektur nicht geplant. Wir können uns aber in der nächsten Generation weitere zusätzliche Varianten vorstellen – lassen Sie sich überraschen.
Ihr Forschungs-und Entwicklungsbudget ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Kann das so weitergehen?
Das F&E-Budget beläuft sich auf knapp fünf Milliarden Euro im Konzern pro Jahr. Auf die Pkw-Sparte entfallen über drei Milliarden Euro, davon investieren wir rund die Hälfte alleine in grüne Technologien. Damit haben wir eine massive Aufholjagd gestartet und beim CO2-Ausstoß einen Riesensprung nach vorne gemacht: Unsere europäische Flotte emittiert heute durchschnittlich nur noch 150 g CO2 pro Kilometer, das entspricht einem Durchschnittsverbrauch von rund sechs Litern. Auch in diesem Jahr werden wir uns weiter verbessern. Klar ist aber eines: Wir müssen unsere Mittel noch effizienter einsetzen und hier machen wir große Fortschritte.
Wie wollen Sie das konkret erreichen?
Unter anderem durch die erwähnte Architektur- und Modulstrategie, mit der wir die Effizienz nicht nur beim Material und in der Produktion, sondern auch in der Entwicklung steigern. Dazu kommen neue digitale Systeme, die den hohen Erprobungsaufwand senken. Mein Ziel ist, dass die Forschungs- und Entwicklungsausgaben im Konzern unterproportional zum Umsatzwachstum steigen. Bei einem Konzernumsatz von 100 Milliarden Euro strebe ich ein Verhältnis von vier Prozent an. Dabei ist mir eines wichtig...
Und das wäre?
Wir können die Herausforderungen nur schaffen, wenn wir unsere Entwicklungsressourcen weltweit ausbauen. In Deutschland haben wir allein in meinem Ressort in den letzten vier Jahren über 1200 zusätzliche Stellen geschaffen. Künftig werden wir vor allem im Ausland – also in China, Indien und den USA – Ressourcen aufbauen. In China müssen und wollen wir den lokalen Fertigungsanteil erhöhen. Dazu brauchen wir eine starke Entwicklungsmannschaft vor Ort. In Indien geht es neben Komponentenentwicklung vor allem um Softwareengineering. Dort haben wir die Chance, vom landesspezifischen Know-how und den deutlich günstigeren Ingenieursstunden zu profitieren. Auch dies wird zur Kostensenkung beitragen – aber nicht auf Kosten der Entwicklungsmannschaft in Deutschland. Hier steht die Qualifizierung der Mitarbeiter für neue Technologiefelder wie etwa die Elektromobilität und deren Umsetzung im Vordergrund.
Mercedes muss vor allem bei jungen Käufern attraktiver werden, oder?
Das ist richtig. Hier ist das Schlüsselelement das Design. Wir haben unseren Fahrzeugen innen und außen schon einen neuen attraktiven Auftritt gegeben. Mit der neuen A-Klasse und der nächsten Generation des Smart machen wir wieder einen großen Schritt nach vorn. Außerdem werden wir dem Thema Infotainment mit Internet-Vernetzung viel mehr Aufmerksamkeit als bisher widmen. In diesem Bereich findet die nächste Revolution in der Autoindustrie statt und wir werden diese maßgeblich mitgestalten. (Foto: Daimler)