Zunächst einmal: Es geht nicht um ein Drücken von Kosten, sondern um die Kompensation von Belastungen in der Größenordnung von 6 Mrd. Euro, die wir in diesem Zeitraum – im Sinne einer Fünf-Jahres-Planung - erwarten. Im Wesentlichen resultieren diese aus Verteuerungen bei Rohstoffen, aus der Technologie für die Erfüllung der CO2-Emissionsvorschriften und aus unserem Ziel, Mercedes-Benz-Kunden immer mehr Fahrzeug für ihr Geld zu bieten.
"Das lokale Sourcing wird substanziell zulegen"
Eine konkrete Zahl möchte ich nicht nennen. Aber natürlich ist klar, dass das Fertigungsmaterial einen substanziellen Teil der Fahrzeugkosten ausmacht. Insofern ist selbstverständlich, dass ein großer Teil der Kostenoptimierung beim Fertigungsmaterial stattfinden muss. Insgesamt ist das aber keineswegs eine solitäre Einkaufleistung – es geht immer darum, Materialkosten im Team von Vertrieb, Entwicklung und Einkauf zu optimieren.
Ein Beispiel: Gemeinsam mit unserer Entwicklung schauen wir auf technische Optimierungsmöglichkeiten, dabei setzen wir auch auf Vorschläge unserer Lieferanten. Wenn etwa ein Bauteil aus weniger Einzelteilen darstellt werden kann, führt das zu weniger Werkzeugkosten, Varianzen und somit zu einer technischen Optimierung der Kosten dieses Teils. Und gemeinsam mit Vertrieb und Entwicklung untersuchen wir, wie wir den Wert und Nutzen des Fahrzeugs für den Kunden weiter steigern können. Denn damit können wir Elemente priorisieren, die das Kundenerlebnis steigern, und Kosten dort optimieren, wo es für den Kunden nicht erlebbar ist. Wir im Einkauf verhandeln natürlich am Ende die Einkaufspreise.
Wir starten in diesem Zusammenhang nicht spezielle Preisverhandlungen mit unseren Lieferanten, sondern setzen den Dialog fort, wie wir ihn auf Grundlage unserer Referenzpreis-Kalkulation schon seit längerem führen. Dabei ermitteln wir durch Benchmark-Kalkulation Zielpreise für Komponenten bzw. Module. Dieses System wollen wir weiter dynamisieren und ausrollen. Ein weiterer wichtiger Stellhebel ist der verstärkte regionale Einkauf dort, wo wir zunehmend internationaler produzieren. Dazu kommen natürlich Degressionseffekte durch höhere Stückzahlen im Rahmen unserer Wachstumsstrategie Mercedes-Benz 2020, die wir voll nutzen wollen – und die natürlich auch für unsere Lieferanten entsprechende Chancen bieten.
Im Rahmen der ersten Stufe unserer Modulstrategie haben wir rund 100 Module über die Baureihen hinweg definiert. Das ist bereits abgeschlossen und zahlt sich aus – ab 2014, mit dem Anlauf der neuen C-Klasse, werden wir jährlich mehr als 1,5 Mrd. Euro einsparen. Bei der zweiten Stufe – oder Modulstrategie 2.0 - geht es um die Weiterentwicklung bzw. Dynamisierung dieses Ansatzes, um Optimierungspotenziale ganzheitlich auszuschöpfen - zum Beispiel mit den zuvor genannten Stellhebeln. Darüber hinaus beziehen wir alternative Antriebskomponenten ebenso ein wie unsere Performance-Tochter AMG. Außerdem vertiefen wir die Modularisierung auch bei den Aggregaten - also Motoren und Getriebe. Hier geht es darum, Gleichteile – die wir heute schon haben – konsequent zu nutzen.
Eine Zahl möchte ich heute noch nicht nennen. Klar ist aber: Die Zahl der relevanten Module wird sich weiter entwickeln, da laufend innovative Entwicklungen in unsere Fahrzeuge einfließen.
Dieser Effekt wird sich kontinuierlich über die Jahre einstellen, nicht etwa mit einer bestimmten Baureihe. Es geht ja um eine Dynamisierung und Vertiefung unserer Modulstrategie. Dabei entwickeln wir unsere Referenzpreis-Kalkulation fort, indem wir sie etwa auf zusätzliche Teilegruppen zum Beispiel des Rohbaus und Komponenten der alternativen Antriebe ausweiten. Wir werden diese Benchmark-Kalkulation auch im Änderungsmanagement einführen.
Nach der Vergabe eines Auftrags gibt es bis zum Start der Produktion üblicherweise noch zahlreiche Änderungen an einer Komponente. Auch diese werden wir mit unserer Benchmark-Methodik erfassen. Das gleiche gilt für die entsprechenden Werkzeugänderungskosten, die es ebenfalls zu optimieren gilt.
Das lokale Sourcing wird substanziell zulegen, weil wir im Rahmen unserer Wachstumsstrategie zunehmend internationaler produzieren. Wir bauen zum Beispiel unsere Werke in China, Südafrika und den USA aus. In der Zusammenarbeit mit lokalen Lieferanten ergeben sich viele interessante Chancen, z.B. mit deren Marktkenntnis und Unterstützung auch eine oft nicht ganz einfache Lokalisierung in der Tiefe – also bei Sublieferanten – erfolgreich umzusetzen und die entsprechenden Kostenpotenziale zu erschließen. Zielvorgaben für den lokalen Einkauf jenseits landesspezifischer Vorgaben haben wir aber nicht. Schließlich ist Lokalisierung für uns kein Ziel an sich. Vielmehr prüfen wir in jedem Einzelfall, ob ein globaler oder ein lokaler Einkauf sinnvoller ist. Entscheidend sind dabei die so genannten total landed cost, also das betriebswirtschaftliche Optimum aus Logistik-, Werkzeug- und Fertigungskosten. Auch hier setzen wir übrigens unsere Referenzpreis-Kalkulation ein.
Genau. Wir verwenden dazu regionalisierte Versionen unserer Methodik und können damit zum Beispiel in China ermitteln, was für eine spezifische Komponente dort möglich ist – einschließlich der Zulieferkette. Entsprechend arbeiten auch unsere Einkaufsbüros in Mexiko und anderen Regionen.
Unsere Erfahrungen bei der Lokalisierung zeigen, dass neue Lieferanten bei Qualität und Performance mindestens so gut sind wie etablierte Lieferanten. Zudem bringen solche neuen Player mit innovativen Ideen auch Dynamik in eine Branche und erhöhen global die Wettbewerbsintensität. Gerade bei Commodities mit einer oligopolistischen Lieferantenstruktur ist es hilfreich, wenn aus neuen Regionen zusätzliche Wettbewerber auf den Plan treten. Solche lokalen Lieferanten etwa in China nutzen wir heute schon auch für den Export und wollen sie zukünftig noch stärker nutzen. So bringen wir beispielsweise schon Felgen aus China in die USA.
Richtig, und zwar aus mehreren Richtungen: Wir planen im Rahmen unserer Wachstumsstrategie Mercedes-Benz 2020 mit deutlich steigenden Absatzzahlen. Weiterhin ergeben sich bei bestimmten Bauteilen dank unserer Modulstrategie signifikante Stückzahl-Steigerungen. Die Degressionspotenziale, die sich bei uns und bei unseren Lieferanten damit eröffnen, wollen wir gemeinsam mit ihnen diskutieren und hereinholen. Dazu kommen zusätzliche Effekte durch die Parametrisierung.
Es gibt so genannte selbstähnliche Bauteile. Die sind in ihrer Funktion gleich, aber beispielsweise in den Dimensionen verschieden. Ein anschauliches Beispiel sind verschiedene Glasdicken. Wir können mit dieser Strategie für solche Komponenten mit den Lieferanten ein Gesamtvolumen über verschiedene Baureihen hinweg vergeben. Dazu wird ein Grundbauteil sowie seine Fortschreibung anhand definierter Parameter vereinbart, die dann je nach Fahrzeug variieren können. Dadurch können wir uns zusätzliche Größenvorteile erschließen.
Wir haben uns im Powertrain ganz gezielt eine Kernkompetenz aufgebaut, die wir für wettbewerbsdifferenzierend halten, dazu gehört für uns auch die Eigenfertigung. Ergänzend werden wir im Rahmen unserer Wachstumsstrategie prüfen, wie wir zusätzliche Stückzahlen optimiert abbilden können.
Es geht dabei um die Frage, ob wir eine bessere Kostenposition durch eine lokalisierte Fertigung bei einem Lieferanten erreichen können, als wenn wir selbst vor Ort in den Aufbau neuer, eigener Produktionsanlagen investieren. Eine solche Entscheidung ist dann das Ergebnis einer betriebswirtschaftlichen Analyse jeweils im Einzelfall. Wir hoffen dabei auf Vorschläge von unseren Lieferanten, wie man speziell in den Wachstumsmärkten eine herstellerübergreifende und kostenoptimale Fertigung realisieren kann, indem vor allem in den Vorfertigungsstufen Umfänge gebündelt werden. Die sich damit ergebenden Degressionseffekte sorgen dann für eine Kostenposition, die solitär nicht erreichbar wäre.
Nein. Es braucht immer die Entscheidung im einzelnen Business Case. Und der liegt bei einer Technologie so, in einer anderen Region so, und in der Kombinatorik von Technologie und Region noch mal anders.
Wir sehen kein steigendes Risiko - im Gegenteil. Unsere Qualitätswerte bei Mercedes sind heute schon hervorragend, und da werden wir noch besser werden. Durch die Modulstrategie nimmt die Komplexität und die Zahl der Varianten ab, was für uns wie auch für unsere Lieferanten die Qualitäts-Prozesse vereinfacht. Gleichzeitig steigen mit weniger verschiedenen Umfängen auch die Reifegrade beim Lieferanten. Vor allem bei Neuanläufen ist das ein großer Vorteil. Ich gehe also davon aus, dass die Modularisierung einen weiteren Qualitätsschub bringen wird.
Die Zusammenarbeit ist in allen Projekten klar geregelt. So haben wir etwa bei der Nachfolgegeneration für smart und Twingo vereinbart, wer für welche Module den Lead in der Entwicklung hat. Damit ist dann auch die Verantwortung für den Einkauf verbunden. Wir bringen also das Beste aus zwei Häusern zusammen. Eine generelle Einkaufskooperation – jenseits der konkreten vereinbarten Projekte - oder eine gemeinsame Einkaufsorganisation gibt es nicht. Da wir mit den Partnern allerdings regelmäßig prüfen, in welchen weiteren Feldern eine Zusammenarbeit für alle sinnvoll sein könnte, will ich das für die Zukunft allerdings auch nicht komplett ausschließen.
Selbstverständlich - und es wird sie auch in Zukunft geben. Wir erschließen gemeinsam regelmäßig durch neue Auftragsvergaben gute Potenziale.
Wir haben derzeit rund 1500 Lieferanten, bei dieser Größenordnung wird es bleiben. Natürlich führen einige Bündelungseffekte im Rahmen unserer Modulstrategie dazu, dass wir in Teilbereichen dann weniger Lieferanten haben. Gleichzeitig gewinnen wir aber im Bereich der alternativen Antriebe oder im Infotainment neue Lieferanten. Das gilt auch in den Regionen. Insgesamt hält sich das also in der Waage.