Sellner übernimmt insolvente Erwin Behr

Stuttgart. Die Sellner Holding GmbH mit Sitz im bayerischen Neuendettelsau will die zahlungsunfähige Erwin Behr Automotive GmbH zum 1. Januar übernehmen. „Ich bin zuversichtlich, dass die Verträge noch im Dezember dieses Jahres abgeschlossen und die Übernahme zum 1. Januar 2008 erfolgen kann“, teilte Insolvenzverwalter Rüdiger Grub in einer Pressemitteilung am Freitag mit.

Für viele Automobilhersteller ist der Erhalt des Spezialisten für Innenraum-Zierteile von großer Wichtigkeit. Da Erwin Behr häufig exklusiver Lieferant ist, hätte ein Produktionsausfall schmerzhafte Folgen. Besonders betroffen wäre Mercedes-Benz: Die Stuttgarter verwenden Innenraum-Zierteile aus Edelholz in der C-Klasse, im Roadster SLK sowie in den SUVs M- und G-Klasse . Einem Unternehmenssprecher zufolge verfügt Mercedes über keinen zweiten Lieferanten.

Weil der neue Eigentümer nur das Behr-Werk in Wallerstein mit 220 Mitarbeitern und das amerikanische Tochterunternehmen in Grand Rapids mit 250 Mitarbeitern übernehmen will, soll die Verwaltung und das Produktionswerk in Wendlingen bei Stuttgart geschlossen werden. Davon betroffen sind 180 Mitarbeiter. Dies sei unumgänglich, so Grub. Aufgrund der veralteten Produktionsanlagen sei dort eine moderne Fertigung nicht möglich. Außerdem sei das Gelände von Wohngebäuden umgeben und hätte somit einem mehrschichtigen Betrieb nicht mehr zugelassen.

Laut Grub haben die bisherigen Eigentümer bereits vor dem Insolvenzantrag Übernahmeverhandlungen mit der Sellner Holding geführt. Diese seien von ihm fortgesetzt worden. „Nur so ist eine schnelle Übernahme des schwer angeschlagenen Unternehmen möglich“, begründet Grub. Erwin Behr habe in den letzten zwei Jahren hohe Verluste hinnehmen müssen. Der Verlust der deutschen Gesellschaft in diesem Jahr werde sogar den Umsatz von 20 Millionen Euro übertreffen.

Kommt die Übernahme zustande, geht das krisengeschüttelte Unternehmen erneut in die Hände von Finanzinvestoren über. Hinter der Sellner Holding steht die Münchner Beteiligungsgesellschaft CBR mit dem Private-Equitiy-Fonds EquiVest. Dieser hat mit weiteren Beteilgungen an Automobilzulieferern die so genannten Hightex Gruppe mit Sitz in Althengstett im Schwarzwald geformt. Neben Sellner gehören dazu drei weitere Spezialisten für die Fahrzeuginnenraum-Ausstattung. In Summe erzielten sie im vergangenen Jahr einen Umsatz von 170 Millionen Euro.

Zuvor waren die bisherigen Gesellschafter an der Sanierung von Erwin Behr gescheitert. Neben dem Mittelstandsfonds L-EA aus Baden-Württemberg halten außerdem der Münchner Finanzinvestor Buchanan Industries Technologies sowie der Schweizer Vermögensverwalter Quellen AG je ein Drittel an dem Zulieferer. Insgesamt haben sie 40 Millionen Euro investiert.

Der Personalabbau in Wendlingen soll Grube zufolge sozialverträglich erfolgen: 54 Mitarbeiter von Erwin Behr sollen ein Übernahmeangebot von Sellner erhalten. Die übrigen Arbeitnehmer werden in eine Beschäftigungsgesellschaft überführt.