Wir haben natürlich auch die Auswirkungen der Krise gespürt. Dennoch konnten wir unseren Umsatz 2010 erneut steigern und zwar von 55 Millionen vor der Krise auf fast 75 Millionen Euro. Im Jahr 2009 hatten wir allerdings einen Rückgang von fast 15 Prozent. Wir sind jedoch immer in der Gewinnzone geblieben – und ich würde sogar sagen, dass wir im Branchenvergleich eine überdurchschnittliche Profitabilität aufweisen.
"Wir müssen internationaler werden“
Durch den Einstieg von Porsche verfügen wir seit mehr als zwölf Jahren über ein ausgeprägtes automobiles Fachwissen und Prozess-Know-how. Das hilft uns. Ansonsten stehen wir im Wettbewerb wie alle IT-Unternehmen – auch bei unserem Gesellschafter. Übrigens stammen nur knapp 30 Prozent unserer Automotive-Erlöse von Porsche und dem VW-Konzern. Deutlich über 70 Prozent erzielen wir mit großen deutschen Herstellern und Zulieferern.
Dazu muss man sagen, dass wir schon für Unternehmen in über 35 Ländern gearbeitet haben – allerdings von Deutschland aus. Bis jetzt hatten wir keine großen Nachteile, weil die Projekte für unsere Kunden immer von den Zentralen in Deutschland initiiert wurden. Beim Support ist das anders: Weil wir zum Beispiel keine Einheit in Indien haben, sind unsere Kosten im Vergleich zu internationalen Wettbewerbern höher. Sie haben aber Recht: Künftig wollen wir uns internationaler aufstellen.
Im nächsten Schritt wollen wir eine Niederlassung in den USA eröffnen. Porsche unterstützen wir dort schon und wir hoffen, auch unsere anderen Kunden dort vor Ort zu unterstützen. Danach könnte eine Expansion nach Brasilien und Lateinamerika ein Thema sein.
Sicher steht auch China auf der Agenda. Ein solches Vorhaben muss man aber seriös planen. Konkrete Pläne dazu haben wir aber nicht.
Unser Ziel sind 1000 Mitarbeiter bis 2015. Das ist von heute rund 575 Beschäftigten ein gewaltiger Sprung. Dann könnten wir einen Umsatz in der Größenordnung von 150 Millionen Euro erreichen. Dazu soll die Internationalisierung beitragen. Und wir wollen unsere Abhängigkeit von der Automobilbranche verringern. Deshalb diskutieren wir gerade, ob wir ein zweites Standbein aufbauen.
Um das Risiko besser auszubalancieren, könnten wir zum Beispiel in der Finanzbranche tätig werden. Da hätten wir sogar über die Finanzdienstleistungstöchter der Hersteller eine Brücke zu unserem automobilen Kerngeschäft. Eines möchte ich aber betonen ...
Für eine Prozess- und IT-Beratung gibt es in der Autoindustrie jede Menge Themen, die organisches Wachstum sichern. Zum Beispiel wird es in den nächsten Jahren darum gehen, den Vertriebsprozess neu zu gestalten. Die Händlersysteme sind häufig veraltet und gerade bei Mehrmarkenbetrieben zu komplex, mit zu vielen Schnittstellen. Umgekehrt will der Hersteller einen besseren Zugriff auf Kundendaten, die beim Händler liegen. Außerdem müssen die Entwicklungszyklen kürzer werden. Hersteller und Zulieferer müssen also in neue Product-Lifecycle-Management-Lösungen investieren. Ein weiteres Thema ist die sogenannte Business Intelligence – also das Sammeln, Auswerten und Visualisieren von Unternehmensdaten. Es gibt kaum eine Branche, die vor so gewaltigen Entwicklungen und Veränderungen steht wie die Automobilindustrie.
Diese sind natürlich absolut "hip“ und hängen beide mit dem Siegeszug des Smartphones zusammen. Beide Trends dürften meiner Einschätzung nach enormen Einfluss auf die Rolle der IT im Unternehmen haben. Zum einen weil sich dadurch die internen Prozesse stark ändern und zum Anderen weil sich teilweise auch ganz neue Dienstleistungen kreieren lassen. Und die IT wird sich durch mobile Lösungen deutlich Richtung Produkt bewegen. Stichwort "Vernetztes Fahrzeug“: Die Konzern-IT kann und wird hier somit auch Produktverantwortung übernehmen.
Weil die Dienstleistungen in einem vernetzten Auto künftig ein differenzierendes Merkmal – also ein Kaufargument – sein dürften. Wenn zum Beispiel ortsbezogene Services wie die Suche nach einem Restaurant über Google stattfindet, wird doch wahrscheinlich die Unternehmens-IT die Google-Lösung betreuen. Damit hat sie auf einmal Produktverantwortung. Die IT muss also im Produktentwicklungsprozess mitsprechen. Sie muss sich hierzu in Bereichen neu erfinden – beim Zulieferer und beim Hersteller.
Hier geht es darum, dass ein Mitarbeiter von unterwegs über ein mobiles Endgerät – etwa ein Smartphone – auf die Unternehmens-IT zugreifen und bestimmte Prozesse auslösen kann. Dazu muss man ein Konzept erstellen: Wer soll welche Daten erhalten? Wie werden diese aufbereitet und welche neuen oder anderen Prozesse ergeben sich daraus? Wie sind dabei die Sicherheitsaspekte berücksichtigt? Druck entsteht dabei für die IT durch die in den letzten Jahren zunehmende Gerätevielfalt. Smartphones und Tablet-PCs sind in unserem privaten Leben angekommen. Die Firmen werden diese Geräte nun in ihre Prozesswelt integrieren müssen. Dabei wollen wir unseren Kunden helfen.
Wir haben rund 50 Themen identifiziert, die wir jetzt IT-seitig umsetzen und zum Beispiel auf dem iPad darstellen wollen. Dieses Geschäft wollen wir weiter ausbauen.
Das ist richtig. Wir glauben, dass im Zusammenhang mit Cloud Computing und nutzerbasierten Abrechnungsmodellen die Standardisierung in der IT einen weiteren Sprung macht. Für die IT-Branche insgesamt ist damit nochmals ein Umdenken verbunden. Denn mehr Standardisierung bedeutet mehr IT aus der "Steckdose“. Diese Steckdose – wenn Sie so wollen – werden wir versorgen. Teil unserer Strategie ist es deshalb, standardisierte Zusatzprogramme zu SAP – die sogenannten Add-ons – anzubieten. Wir kennen die Autobranche und wir kennen die "Lücken“ von SAP sehr gut. Das möchten wir zum Mehrwert unserer Kunden nutzen.
Tendenziell eher nicht. Aber die Frage zeigt doch schon, wie IT heute wahrgenommen wird: Als reiner Kostenfaktor. Dagegen muss die Argumentation doch umgekehrt geführt werden. Wenn ich effizienter arbeite, schneller bin und möglicherweise an einer anderen Stelle im Unternehmen fünf Prozent Kosten spare, dann kommt es doch nicht darauf an, ob meine IT-Kosten im Jahr 2,5 oder drei Prozent vom Umsatz betragen. Da sollten sich die IT-Verantwortlichen selbstbewusster präsentieren.
Fakt ist, dass in einem Unternehmen ohne IT gar nichts geht. Zum anderen ist die IT nur Hilfsmittel für die Prozesse. Ein IT-Verantwortlicher, der sich nur als IT-Verwalter sieht, springt aus meiner Sicht zu kurz. Der IT-Verantwortliche muss seine Hauptaufgabe darin sehen, die Prozesse bestmöglich zu implementieren – mit Hilfe der optimalen IT. Ich sehe die Prozessverantwortung auf gleicher Ebene wie die reine IT-Verantwortung. Dann ist er Teil des Kerngeschäftes. Deshalb muss der IT-Verantwortliche auch eine gewisse Stellung und Macht im Unternehmen haben. Er ermöglicht praktisch die Prozesse – wird sozusagen zum Prozesslieferanten des Unternehmens – mit Hilfe von Dienstleistern wie MHP. Bei Banken gibt es übrigens IT-Vorstände.