Ontario bekommt die Auswirkungen der aktuellen Situation natürlich zu spüren – wie jede andere Autoregion auch. Obwohl Toyota, Honda und ihre Lieferanten enorm wichtig für unsere Provinz sind, machen wir uns natürlich Gedanken darüber, welche Folgen eine Restrukturierung der drei großen Autohersteller aus Detroit für Ontario haben könnte. Auch wenn der Autosektor sich verändern sollte, gehen wir davon aus, dass Ontario eine führende Autoregion in Nordamerika bleiben wird. Entscheidende Faktoren hierfür sind unsere partnerschaftlichen Beziehungen zur Industrie sowie die erheblichen Investitionen, zum Beispiel in flexible Fertigung oder Forschung und Entwicklung. Seit 2003 konnten wir Investitionen in Höhe von zirka fünf Milliarden Euro (7,8 Milliarden kanadische Dollar) generieren. Das beinhaltet Gelder von allen Herstellern, die in Ontario operieren – GM, Chrysler, Ford, Honda, einschließlich des Anfang Dezember 2008 eröffneten neuen Toyota-Werks in Woodstock sowie erhebliche Investitionen der Zulieferer. Mit Toyota nahm erstmals seit 20 Jahren in Kanada wieder ein neues Automobil-Werk den Betrieb auf. Ich bin mir daher sicher, dass wir gestärkt aus der Krise hervorgehen werden.
"Ontario wird eine führende Autoregion in Nordamerika bleiben"
Das glaube ich nicht. Wie Sie wissen, hat Ontario nun vier Jahre in Folge die meisten Autos in Nordamerika produziert – rund 2,1 bis 2,6 Millionen Einheiten pro Jahr, das heißt jedes sechste in Nordamerika hergestellte Fahrzeug kommt aus Ontario. Viele davon sind Modelle der Kompakt- und Mittelklasse, die gerade jetzt stärker nachgefragt werden. Das heißt, wir haben in unserer eigenen Provinz sehr großes Potenzial für die Zulieferer. Darüber hinaus liefern viele Unternehmen aus ihren Werken in Ontario anspruchsvolle Teile, Komponenten und Systeme auch an die Werke im Süden der USA, ja sogar bis nach Mexiko. Als Beispiele für deutsche Unternehmen seien hier nur Keiper und Brose genannt, die in ihren Werken in Ontario Komponenten auch für Fahrzeuge fertigen, die in den Südstaaten zusammengebaut werden. Ich bin zuversichtlich, dass die hohe Qualität und die Produktivität der Werke in Ontario auch künftig ein Wettbewerbs- und Standortvorteil bleiben. Schließlich sind selbst die Werke im Süden der USA per Lkw in einem Tag zu erreichen. Die großen kanadischen Zulieferer wie Magna, Linamar und Martinrea haben natürlich auch eigene Standorte nahe den Werken in den USA und sind dort gut im Geschäft. Ich denke, sie werden auch von der geplanten Neuansiedlung von VW profitieren. Gerade Zulieferer, die in der Lage sind, anspruchsvolle Komponenten in hoher Qualität zu fertigen, werden künftig bessere Chancen haben.
Natürlich hat sich der Wettbewerb verschärft, und damit auch der Wettlauf um Investitionen. Aber Ontario ist bestens aufgestellt. Weil wir die Entwicklung und Einführung von alternativen Fahrzeugkonzepten konsequent vorantreiben, werden wir bald wieder in sichere Konjunkturgewässer schiffen. Mitte Januar vereinbarte unsere Regierung eine Kooperation mit dem kalifornischen Unternehmen Better Place, das die Installation eines flächendeckenden Netzes von Lade- und Wechselstationen für den Betrieb von Elektrofahrzeugen im Ballungsraum Toronto plant. Zudem bietet die Provinzregierung gezielt Investitionsanreize für Unternehmen, zum Beispiel mit dem zirka 710 Millionen Euro (1,15 Milliarden kanadische Dollar) schweren „Next Generation of Jobs Fund“. Dieser bietet unter anderem Zuschüsse für Forschung, Entwicklung und Produktion von Batterien, Elektro- oder Hybridfahrzeugen. Die „Advanced Manufacturing Investment Strategy“ (AMIS) hat ein Volumen von zirka 310 Millionen Euro (500 Millionen kanadische Dollar) und ermöglicht attraktive – weil zinsfreie – Kredite für entsprechende Projekte. Die Arbeitnehmer in Kanada gehören zu den am besten ausgebildeten in der Welt. Darüber hinaus bietet unsere Provinz attraktive Steueranreize für Forschung und Entwicklung. Die F&E-Nettokosten nach Steuern betragen pro 100 Dollar weniger als 40 Dollar. Oder nehmen Sie zum Beispiel die Beiträge zur Krankenversicherung, die Unternehmen für ihre Arbeitnehmer bezahlen müssen. In Ontario sind diese Kosten nur etwa halb so hoch wie in den USA. Mich überrascht also nicht, dass der Toyota Lexus außerhalb Japans nur in Cambridge/Ontario gebaut wird.
Kanada und Ontario haben sich dazu bereit erklärt, ihren Beitrag für Chrysler und General Motors zu leisten. Ebenso wie die Vereinigten Staaten haben wir die Möglichkeit von Hilfsgeldern auf Ford ausgedehnt. Allerdings hat der Konzern bereits angedeutet, dass er im Moment keine finanziellen Hilfen benötigt. Ich bitte um Ihr Verständnis, aber zu diesem Zeitpunkt ist es noch etwas verfrüht, um über die Ergebnisse der Verhandlungen mit den einzelnen Unternehmen zu spekulieren.
Die Automobilindustrie macht momentan schwere Zeiten durch, das steht außer Frage. Die Provinzregierung von Ontario prüft nun die Pläne, die von Chrysler vorgeschlagen wurden. Wir arbeiten dabei natürlich eng mit unserer Bundesregierung und der US-Regierung zusammen. Wir wollen sicherstellen, dass es eine gemeinsame Vorgehensweise gibt, schließlich ist die Autoindustrie in Kanada und den USA eng miteinander verflochten. Erklärtes Ziel ist, dass die Autohersteller langfristig konkurrenzfähig und profitabel bleiben. Allerdings ist das keine rein nordamerikanische Angelegenheit – die Regierungen weltweit sind jetzt gefordert, die Autohersteller zu unterstützen.
Magna befindet sich in der gleichen Situation wie alle anderen Zulieferer auch. Sie müssen sich im Moment Herausforderungen stellen, die mit der aktuellen wirtschaftlichen Lage und der damit verbundenen mangelnden Nachfrage zusammenhängen. Magna hat aber einen entscheidenden Vorteil gegenüber anderen Unternehmen: Der Konzern verfügt über eine starke Führungsmannschaft und operiert weltweit auf zahlreichen, unterschiedlichen Feldern. Deshalb werden sie die derzeitigen wirtschaftlichen Turbulenzen heil überstehen.