Mercedes setzt Flügeltürer SLS unter Strom

Kristiansund. Mit der Elektroversion des Flügeltürers SLS formuliert die Sportwagenschmiede Mercedes-AMG ein einfaches und doch anspruchsvolles Ziel: Der SLS AMG E-Cell soll das sportlichste Elektroautomobil aller Zeiten sein und den Supersportwagen der Zukunft neu definieren. "Wir nehmen die gesellschaftliche Verantwortung ernst und zeigen mit dem Fahrzeug einen weiteren Meilenstein unserer Strategie "AMG Performance 2015“. Unser Ziel ist es, in den nächsten Jahren Kraftstoffverbrauch und Emissionen neuer Modelle kontinuierlich zu reduzieren und gleichzeitig den zentralen AMG-Markenwert Performance weiter zu steigern“, so Ola Källenius, der ab dem 1. Juli an die Spitze von AMG rückt. Sein Vorgänger Volker Mornhinweg wurde auf den Chefsessel der Daimler-Transporter-Sparte befördert.

Der Elektro-Renner soll Ende 2012/Anfang 2013 in einer Kleinserie auf den Markt kommen. Zum Preis macht Mercedes AMG noch keine Angaben. Damit liefern sich die Affalterbacher ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Konkurrent Audi, der seinen vollelektrischen Supersportler e-tron ebenfalls für das Jahresende 2012 angekündigt hat. Bei der Entwicklung des batteriebetriebenen SLS sehen sich Schwaben trotzdem in Führung: Vor kurzem wurde der in floureszierendem Gelb (AMG lumilectric magno) lackierte Prototyp Journalisten in Norwegen vorgestellt.

Die vier Elektromotoren des SLS AMG E-Cell mit einer Höchstleistung von 392 kW und einem maximalen Drehmoment von 880 NM beschleunigen das Fahrzeug – ohne künstliches Sounddesign, also völlig lautlos - von null auf 100 Km/h in 4,0 Sekunden. Zum Vergleich der SLS mit 420 kW starkem V8-Motor schafft das in 3,8 Sekunden. Die Kraftübertragung erfolgt nicht wie bei Radnabenmotoren direkt auf das Rad – vielmehr stellt ein Getriebe pro Achse den Kraftschluss her. Damit sollen die ungefederten Massen reduziert werden. Die Elektromotoren erreichen eine Maximaldrehzahl von 12.000/min. Das maximale Drehmoment steht praktisch vom Stand parat. Im Gegensatz zu Verbrennungsmotoren gibt es keine Zugkraftunterbrechnung.

Der Renner verfügt über eine flüssigkeitsgekühlte Lithium-Ionen-Batterie in Modulbauweise mit einem Energiegehalt von 48 Kilowattstunden und einer Ladekapazität von 40 Amperestunden. Die maximale elektrische Belastungsmöglichkeit der aus 324 Lithium-Ionen-Polymerzellen bestehenden Batterie liegt bei 480 Kilowatt. Laut AMG ist das ein absoluter Bestwert im Automobilsektor. Technische Voraussetzung dafür sei die intelligente Parallelschaltung der einzelnen Batteriemodule – sie maximiere auch die Sicherheit, Zuverlässigkeit und Lebensdauer des Stromspeichers. Beim Bremsen wird die 400-Volt-Batterie wieder aufgeladen. Sie findet ihren Platz vor der Spritzwand, im Mitteltunnel und hinter den Sitzen. Die Vorteile dieser Lösung sind der tiefe Fahrzeugschwerpunkt und die ausgeglichene Gewichtsverteilung. Schon in der Konzeptphase hat AMG den rein elektrischen Antrieb eingeplant. Änderungen am gewichtsopimierten Aluminium-Spaceframe waren deshalb nicht notwendig.

Der zusätzliche Antrieb der Vorderräder verlangt nach einer neu konstruierten Vorderachse: Anders als im Serienfahrzeug mit AMG V8-Motor, das über eine Doppelquerlenker-Achse verfügt, kommt beim SLS AMG E-CELL eine Raumlenkerachse mit Pushrod-Federbeinen zum Einsatz. Der Grund: Die beim Serien-SLS stehend angeordneten Federbeine muüssen den zusätzlichen Antriebswellen weichen. Wie bei zahlreichen Rennfahrzeugen üblich, kommen nun liegende Federbeine zum Einsatz, die über separate Schubstangen (englisch: push rods) und Umlenkhebel betätigt werden. Laut AMG befinden sich dank der aufwendigen, Motorsport-erprobten Vorderachskonstruktion Agilität und Fahrdynamik des SLS AMG E-CELL auf dem gleich hohen Niveau wie bei der V8-Variante. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal betrifft die Parameter-Servolenkung mit Zahnstangen-Lenkgetriebe: Die Servounterstützung erfolgt elektrohydraulisch statt hydraulisch. Das nun vorgestellte Entwicklungsfahrzeug gibt laut Källenius einen Ausblick auf eine mögliche Kleinserie und steht gleichzeitig für die Entwicklungskompetenz der Performance-Marke AMG.