Stuttgart. Durch die Übernahme des aktuellen Weltmeister-Teams Brawn GP wird Mercedes nach 55 Jahren 2010 wieder mit einem eigenen Rennstall in der Formel 1 antreten. Auch wenn der kollektive (und vor allem politisch korrekte) Aufschrei jetzt groß ist: Diese Entscheidung ist nicht zwangsläufig falsch, nur weil der Zeitgeist gerade Zwischenstation beim Klimaschutz macht. Dass der Formel 1-Zirkus definitiv nicht umweltfreundlich ist, stimmt. Dass Betriebsratschef Erich Klemm das Geld angesichts der scheinbar endlosen Kurzarbeit und des drastischen Sparprogramms lieber in umweltfreundliche Produkte investiert gesehen hätte, ist nachvollziehbar. Und dass wenig erfolgreiche Wettbewerber wie BMW und Toyota aus "strategischen Überlegungen" der Formel 1 den Rücken kehren, ist ebenso verständlich.
Aber muss aus all diesen Gründen auch Mercedes aussteigen? Definitiv nein! Allerdings nur dann, wenn das Motorsport-Engagement mittel- bis langfristig in die Gesamtstrategie von Mercedes passt. Leider ist der Stuttgarter Premiumhersteller diesen Teil bislang schuldig geblieben: Weder den eigenen Mitarbeitern, noch Zulieferern, Händlern oder Anlegern konnte Mercedes-Chef Dieter Zetsche bislang erklären, für was die Marke Mercedes in einem sich rasch ändernden Umfeld mit steigendem Konkurrenzdruck künftig stehen soll. Immerhin wurde dieses Defizit erkannt: So arbeitet das Unternehmen derzeit an einem neuen Marken-Claim, der zu Jahresbeginn eine erste Orientierung geben soll. Dies allein dürfte allerdings nicht reichen, um im Unternehmen eine neue Dynamik mit positiven Vorzeichen zu entfachen.