Kfz-Technik liefert 85 Prozent des Bosch-Gewinns

Stuttgart. Nach einem starken Gewinnrückgang im vergangenen Geschäftsjahr will sich Bosch 2012 wieder aus dem Tal herausarbeiten. Zwar rechnet der Stuttgarter Automobilzulieferer und Technologiekonzern mit einem verlangsamten weltweiten Wirtschaftswachstum, dennoch soll der Konzernumsatz um drei bis fünf Prozent zulegen. Auch das Ergebnis vor Steuern soll sich mit innovativen Produkten, Kostenfortschritten sowie einer geringeren Belastung durch Sondereffekte wieder verbessern. "Allerdings wird es angesichts der anhaltend hohen Rohstoffpreise und weiterer Vorleistungen in neue Geschäftsfelder schwierig sein, unseren Zielkorridor von sieben bis acht Prozent bereits 2012 wieder zu erreichen", sagte Bosch-Chef Franz Fehrenbach auf der Bilanz-Pressekonferenz in Stuttgart. "Insgesamt wird 2012 kein einfaches Jahr."

Im ersten Quartal ist Bosch um rund fünf Prozent gewachsen. Die Sparte Industrietechnik legte am stärksten zu, gefolgt von der Kfz-Technik-Sparte. Fehrenbach wird zum 1. Juli den 76-jährigen Hermann Scholl als Vorsitzender des Aufsichtsrats ablösen. Sein Nachfolger als Vorsitzender der Bosch-Geschäftsführung ist Volkmar Denner, der heute das Forschungs- und Entwicklungsressort leitet.

Im vergangenen Geschäftsjahr haben die Schwaben den Umsatz mit neun Prozent auf 51,5 Milliarden Euro stärker gesteigert als ursprünglich erwartet. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) ging auf 2,7 Milliarden Euro zurück. "Die stark gestiegenen Rohstoffpreise belasten das Ergebnis um rund 400 Millionen Euro, die Wechselkurse um rund 150 Millionen Euro", so Finanzchef Stefan Asenkerschbaumer. Dazu kam eine Sonderabschreibung über 560 Millionen Euro im Solargeschäft, die den Vorsteuergewinn um 857 Millionen Euro auf 2,6 Milliarden Euro drückte. Der Manager hob außerdem hohe Vorleistungen für die Elektromobilität und erneuerbare Energien von mehr als einer halben Milliarde Euro hervor. Die Vorsteuerrendite lag damit bei 5,1 Prozent - deutlich unter dem angestrebten Zielkorridor von sieben bis acht Prozent und unter dem Vorjahreswert von 7,4 Prozent. Nach Steuern schwächte sich der Gewinn um fast 670 Millionen Euro auf 1,8 Milliarden Euro ab.

Die Kfz-Technik mit ihrer 125 Jahre alten Tradition erwies sich als stabile Ertragssäule, während teuer erkaufte Zukunftsgeschäftsfelder kräftig unter die Räder kamen. Die Sparte steigerte 2011 den Umsatz um 8,2 Prozent auf 30,4 Milliarden Euro und wies einen Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) von 2,3 Milliarden Euro aus - das sind 85 Prozent des Konzern-EBIT. Allerdings ging die Umsatzrendite von 8,3 im Jahr 2010 auf 7,7 Prozent zurück. Sie liegt aber immer noch am oberen Ende des Zielkorridors, der auch für die Sparte gilt. Die Abschwächung begründete Bosch mit gestiegenen Rohstoffkosten sowie Zukunftsinvestitionen. Pro Jahr investiert die Kfz-Technik rund 400 Millionen Euro in die Elektrifizierung des Antriebsstrangs. Dem stehen derzeit aber nur 100 Millionen Euro Umsatz gegenüber. Bis Mitte des Jahrzehnts soll die Gewinnschwelle erreicht werden.

Dagegen rutschte die Industrietechnik, die 2011 zwar um 21 Prozent auf 8,0 Milliarden Euro wuchs, mit 364 Millionen Euro in die roten Zahlen. Auslöser dafür war der Geschäftsbereich Solarenergie. Die Solarbranche leidet unter hohem Konkurrenzdruck aus China und einem Preisverfall von bis zu 40 Prozent im Photovoltaik-Markt. Dies führte zu der Sonderabschreibung von 560 Millionen Euro. Bosch hat seit 2008 mehr als zwei Milliarden Euro in die Solarbranche investiert - unter anderem für den Modulhersteller aleo Solar sowie den thüringischen Photovoltaik-Spezialisten ersol Solar Energy. Die operativen Verluste seit Beginn der Akquisitionen belaufen sich auf rund 300 Millionen Euro, insgesamt hat Bosch knapp eine Milliarde Euro abgeschrieben. Der Gewinn des Unternehmensbereichs Gebrauchsgüter und Gebäudetechnik stagnierte bei 730 Millionen Euro. Während der Umsatz um 4,4 Prozent auf 13,1 Milliarden Euro kletterte, sank die Rendite von 5,9 auf 5,6 Prozent.

Das Automotive-Geschäft wird derzeit vor allem durch die Nachfrage nach sparsamen Komponenten für Verbrennungsmotoren getragen. "Bosch leistet einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz. Damit bedeutet Klimaschutz Wachstum für Bosch", so Spartenchef Bernd Bohr. Zwischen 2011 und 2014 will Bosch den jährlichen Absatz von Common-Rail-Dieseleinspritzsystemen von 7,2 auf 9,6 Millionen Einheiten und von Benzindirekteinspritzungen von vier auf 8,6 Millionen Stück steigern. Insgesamt sieht Bohr weiter gute Wachstumschancen für die Kfz-Technik: "Weltweit wird unser Umsatz pro produzierten Fahrzeug in diesem Jahr nahezu 400 Euro erreichen. Und langfristig wird dieser Wert mit der Elektromobilität weiter steigen." Im Jahr 2008 lieferte Bosch Module und Komponenten über 370 Euro pro Fahrzeug.

Bosch hat zu Jahresbeginn angekündigt, das hochprofitabele Aftersales-Geschäft der Sparte Kfz-Technik mit dem Zukauf des US-Werkstattausrüsters SPX für 883 Millionen Euro stärken zu wollen. Das Unternehmen schreibt einen jährlichen Umsatz von 660 Millionen Euro. "Das Geschäftsfeld Diagnostics legt derzeit doppelt so stark zu wie das Aftermarket-Geschäft insgesamt", so Fehrenbach. Die Stuttgarter haben in fünf Jahren 14 Firmen in diesem Bereich zugekauft. "Akquisitionen gehören weiter zum Portfolio-Management", so der Manager.

Grundsätzlich will Bosch als langfristig orientiertes Unternehmen an der bewährten Strategie und den Zukunftsgeschäftsfeldern wie Solar Energy festhalten. "Andererseits sind wir ein kurzfristig entschlossenes Unternehmen, so dass wir jede profitable Wachstumschance heute ausschöpfen. Genau deshalb bauen wir unsere etablierten Geschäftsbereiche noch aus", so Fehrenbach. Deren Stärke sei überhaupt erst die Voraussetzung, damit Bosch den typischen langen Atem auf dem Weg zu neuen Wachstumsfeldern beibehalten könne.

Sein designierter Nachfolger Volkmar Denner will vor allem die Vernetzung von Fahrzeugen, Maschinen und Elektrogeräten mit dem Internet und die damit verbundenen neuen Geschäftsmodelle vorantreiben. Im Bosch-Jargon heißt das "das Internet der Dinge und Dienste" oder auch Web 3.0. "Software ist bisher in der Regel in unsere Hardware eingebettet. Im Internet der Dinge und Dienste werden technische Geräte jedoch über IP-Schnittstellen selbst mit ihrer Umwelt kommunizieren." Eine wesentliche Rolle bei der Intenetfähigkeit der Bosch-Produkte spielt das eigene Software- und Systemhaus, dessen Mitabeiterzahlen von derzeit 450 bis zum Jahr 2015 auf 1000 steigen soll. "Bosch wird die Kernkompetenz in der Kombination von Präzisionsmechanik und Elektronik auch in Zukunft stärken, zugleich aber seine Software-Kompetenz ausbauen. Damit sichern wir uns weitere Potenziale für die Zukunft", so Denner. (Foto: Bosch)