Amberg. Die Grammer AG hat es im ersten Halbjahr nicht geschafft, das Umsatzwachstum in steigende Gewinne umzuwandeln. In den ersten sechs Monaten des laufenden Geschäftsjahres stiegen die Erlöse um 9,8 Prozent auf 491,9 Millionen Euro. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) stagnierte bei 24,3 Millionen Euro. Im Vorjahreszeitraum hatte der Sitzehersteller und Spezialist für Pkw-Innenaustattungen ein EBIT von 24,5 Millionen Euro ausgewiesen. Dementsprechend ging die EBIT-Marge auf 4,9 Prozent von 5,5 Prozent zurück. Das langfristige Margenziel liegt bei 5 Prozent. Grammer begründete die Gewinnentwicklung mit den Belastungen durch Produktneu- und ausläufe. Durch höhere Rohstoffkosten und ungünstige Wechselkurse ergab sich eine Ergebnisbelastung von drei Millionen Euro. Außerdem wies die kleinste Sparte Passagiersitze erneut einen Verlust von 0,7 Millionen Euro aus.
Grammer trotz Umsatzwachstum mit stagnierendem Gewinn
Erst vor kurzem hat überraschend das Aufsichtsratsmitglied Rolf-Dieter Kempis den Vorstandsvorsitz bei Grammer übernommen. Der einstige Mc-Kinsey-Berater soll den renditeschwachen S-Dax-Konzern auf Profitabilität trimmen und so den Aktienkurs antreiben. Mit seiner Ernennung wurde der Vorstand auf drei Personen erweitert. Der bisherige Vorstandssprecher Alois Ponnath, der gleichzeitig auch Finanzvorstand war, bleibt in dieser Funktion im Unternehmen. Ponnath war erst im Frühjahr 2006 Sprecher geworden. Auch der Personalvorstand Uwe Wöhner und der für Sitzsystem zuständige Hartmut Müller führen ihre Arbeit weiter.
"Die Ergebnisentwicklung ist unbefriedigend", so Kempis auf der Telefonkonferenz in Anschluss an die Veröffentlichung der Quartalszahlen. Sein Auftrag sei es, innerhalb der nächsten zwei Jahre die Effizienz zu verbessern und die Produktivität zu steigern. "Wir werden uns alle Bereiche anschauen, es wird aber keinen Kahlschlag geben", so der neue Vorstandsvorsitzende. Der 54-jährige Manager, der für zwei Jahre berufen wurde, bemängelt vor allem, dass der Aktienkurs des Unternehmens hinter der Entwicklung des S-Dax zurückblieb: "Dies muss wieder aufgeholt werden."
Die größte Sparte Automotive, in der das Geschäft mit Pkw-Innenaustattungen zusammengefasst ist, verzeichnete ein Umsatzwachstum von 9,4 Prozent auf 317,4 Millionen Euro. Dazu hätten die guten Auftragsvolumina bei Serienprodukten wie dem BMW X5 und der C-Klasse, für die Grammer seit Anfang des Jahres crash-aktive Kopftützen liefert, beigetragen, hieß es. Das EBIT ging dagegen auf 11,3 Millionen Euro von 14,0 Millionen Euro zurück. Die rückläufige Gewinnentwicklung will Grammer nun mit Maßnahmen zur Verbesserung der Profitabilität und Kosteneffizienz stoppen.
Der Umsatz des Fahrersitz-Segments wurde von der anhaltend starken Nachfrage nach Nutzfahrzeugen getrieben: Die Erlöse kletterten auf 153,3 Millionen Euro von 139,6 Millionen Euro. Das EBIT legte um 12,8 Prozent auf 14,1 Millionen Euro zu. Dagegen bleibt die Passagiersitzsparte weiter das Sorgenkind des Unternehmens. Bei einem Umsatzplus von 33 Prozent auf 28,3 Mio Euro weitete der Bereich den Verlust auf 0,7 Millionen Euro von 0,6 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum aus. Die Bus-Passagiersitze, die im Juni im Rahmen eines Management-buy-outs verkauft worden waren, wiesen laut Finanzvorstand Ponnath einen Verlust von 300.000 Euro aus. Weitere Belastungen werde es aber nicht geben.
Laut Kempis soll die Sparte, die nun noch aus den Bahnsitz-Aktivitäten besteht, zunächst "mit Bordmitteln" saniert werden. "Falls wir das nicht schaffen, müssen wir uns über andere Lösungen Gedanken machen", stellte er klar. Dabei ließ er offen, ob der Geschäftsbereich mit Zukäufen gestärkt werden oder ganz verkauft werden könnte. "Es gibt dazu noch keinerlei Pläne in der Schublade."
Im Gesamtjahr hat sich das Unternehmen für den Umsatz ein leicht höheres Ziel gesteckt: Anstatt eines Wachstums von fünf Prozent sollen die Erlöse nun um bis zu sieben Prozent gesteigert werden. Das EBIT soll auf rund 40 Millionen Euro steigen. Im Jahr 2006 wurde bei einem Umsatz von 881 Millionen Euro ein EBIT von 38,8 Millionen Euro ausgewiesen. Nach einem Gewinnrückgang im ersten Quartal hatte der Automobilzulieferer die Gewinnprognose einkassiert. Während zuvor eine Ertragssteigerung von fünf Prozent angekündigt worden war, hatte Grammer kein genaues Ziel mehr genannt, sondern lediglich von einem "moderaten" Anstieg gesprochen. Nun zeigte sich Ponnath zuversichtlich, dass im zweiten Halbjahr keine weiteren Gewinnbelastungen beispielsweise durch Neuanläufe bevorstehen.
Bis 2009 will Kempis den Umsatz auf über eine Milliarde Euro ausbauen und eine EBIT-Marge von über fünf Prozent erzielen. "Hoffentlich deutlich darüber", so der Manager.