Die gesamte Automobilbranche hat turbulente Monate hinter sich, auch wir wurden durch die starken Marktbewegungen in allen Bereichen gefordert. Eine der Besonderheiten ist der Einbruch der Märkte in allen Regionen der Erde. Wir haben - wie viele andere Unternehmen auch – in einigen Bereichen Umsatzrückgänge von bis zu 35 Prozent zu verzeichnen. Schon früh im Herbst 2008 haben wir strukturelle Anpassungen erarbeitet. Mittlerweile wird ein Bündel an Maßnahmen, die von allen Beteiligten viele Zugeständnisse und Verständnis abverlangen, bereits umgesetzt: Kern unseres Restrukturierungskonzepts in Deutschland ist die Neuausrichtung des Standortes Ludwigsburg. Wesentliche Teile unserer Produktion werden inklusive der Arbeitsplätze an die Standorte Neuenstein und Rosenberg verlegt. Die Hartbearbeitung von Motoren-Steuerrädern wird in Ludwigsburg konzentriert und so ein „Center of Excellence“ für diese Produkte geschaffen. Um unsere Kostenstruktur an die weltweit veränderten Rahmenbedingungen der Automobilbranche anzupassen, wird das Werk an eine neue, kleinere Produktionsstätte in Ludwigsburg verlegt. Ohne betriebsbedingte Kündigungen können wir so 27 Millionen Euro einsparen.
"Getrag wird diese Krise meistern"
Personell müssen wir rund 350 Stellen mit den gängigen Arbeitsmarktinstrumenten sozialverträglich abbauen, 130 davon im Zentralbereich. Diese bedauerliche, aber notwendige Maßnahme war der Tatsache geschuldet, dass Getrag ein Großauftrag für eine neue Getriebetechnologie kurzfristig weggebrochen war. Ohne diesen Auftrag, der Getrag längerfristig zusätzliches Wachstum in Deutschland gesichert hätte, standen wir angesichts der aktuellen Rahmenbedingungen vor der Entscheidung, in der Größenordnung eines ganzen Werks Kapazitäten zu reduzieren.
Europaweit wird die gesamte Branche mit außergewöhnlichen Bedarfsrückgängen konfrontiert - im ersten Quartal nochmals bis zu 25 Prozent. Mehr denn je pflegt Getrag intensive Gesprächen mit Kunden wie mit Lieferanten um die derzeit noch schwer abzuschätzenden Veränderungen, die die aktuelle Lage bei Herstellern wie bei Zulieferern nach sich ziehen wird, frühzeitig zu verstehen und angemessen handeln zu können.
Die Entspannung ist überschaubar, offensichtlich bauen einige Hersteller erst einmal ihre Lagerbestände ab. Konjunkturprogramme können zur zeitweiligen Unterstützung von Schlüsselindustrien angeraten sein. Ordnungspolitisch müssen sie Ausnahmen bleiben.
Im Markt ist bekannt, dass die Eigenkapitalquote der Getrag-Gruppe im Vergleich zu vielen anderen Automobilzulieferern hoch ist. Deswegen können wir derzeit trotz der neuen aktuellen Rahmenbedingungen mit unseren Geschäftsbanken über eine mittel- und langfristige Finanzplanung sprechen.
Unser schwedisches Werk hat einen Umsatzrückgang von fast 50 Prozent zu verzeichnen, da die Entwicklung unseres dortigen Werks eng mit der Entwicklung eines Kunden verknüpft ist. Selbstverständlich müssen wir auch in Schweden Kapazitäten reduzieren, der Verkauf des Werks war und ist für uns eine strategische Option.
Ford steht in Europa wegen der Entwicklung seiner Fahrzeugpalette sehr gut da, denn gerade diese Modellpalette ist mit den kleineren Fahrzeugen sehr auf die Wünsche des Kunden abgestimmt. Auch hier haben wir rechtzeitig die Zeichen der Zeit erkannt und stehen insgesamt vor lösbaren Aktionsfeldern.
Das Mexiko-Projekt ist ein Schlüsselprojekt für die gesamte Getrag, da es nicht nur Aufträge für unser Werk in Italien, sondern auch für unsere Entwicklung in Untergruppenbach sichert. Das Mexiko-Projekt läuft planmäßig und wird von uns weiter forciert. Beide Kooperationspartner halten mindestens 350.000 Doppelkupplungsgetriebe pro Jahr für den amerikanischen Markt für das Gebot der Stunde.
Grundsätzlich ist die Autoindustrie mittel- und langfristig eine Wachstumsbranche. Unter den aktuellen Rahmenbedingungen überprüfen wir für alle Getrag-Standorte die Planzahlen eher wöchentlich als monatlich. Deshalb sind Flexibilität und Anpassungsfähigkeit derzeit wichtiger als sklavisches Festhalten an Mittelfristplanungen. Der Umsatz wird aufgrund der anhaltenden Automobilkrise noch einmal zurückgehen. Wir sind mit unserem Restrukturierungskonzept, das auch die Fortführung des Standort- und Beschäftigungssicherungsvertrages beinhaltet, darauf vorbereitet.
Die juristische Auseinandersetzung vor den Gerichten steht noch ganz am Anfang. Wir schätzen, dass dieser Prozess noch gut zwei Jahre dauern wird. Die Unternehmen, die gemeinsam klagen, sind sich sicher, dass unsere Rechtsposition die richtige ist und wir dieses Verfahren erfolgreich abschließen werden.
Die weit überwiegende Mehrheit unserer Kunden, mit deren Fachleuten wir diese Zukunftstechnologie gemeinsam entwickeln, sehen in Doppelkupplungsgetrieben eines der wesentlichen Assets der Getrag. Branchenkenner bescheinigen uns, dass wir mit unseren Doppelkupplungsgetrieben für die kommenden Anforderungen des Weltmarkts in Bezug auf Umweltschutz, Spritverbrauch, CO2-Ausstoß und nicht zuletzt in Bezug auf den Fahrkomfort bestens gerüstet sind. Doppelkupplungsgetriebe sind unserer Ansicht nach sowohl technisch als auch wirtschaftlich gerade bei Volumenherstellern wettbewerbsfähig. Weite Teile der Industrie wissen, dass wir mit dem Doppelkupplungsgetriebe die passende Produkttechnologie für die Zukunft beherrschen. Unser Werk in Mexiko spielt dabei eine wesentliche Rolle – deshalb ist und bleibt das Mexiko-Projekt ein Schlüsselprojekt für Getrag.
Über die Entwicklungen unserer Doppelkupplungsgetriebe hinaus begleiten wir heute schon viele Projekte, die sich intensiv mit den Getrieben der Zukunft für Hybrid- und sogar Elektrofahrzeuge beschäftigen. Wir können heute nicht ausschließen, dass der Übergang zu diesen Fahrzeugen schlagartig vollzogen werden muss. Darauf wollen und müssen wir vorbereitet sein – in allen Regionen der Erde.
Wir haben von einer unabhängigen Unternehmensberatung eine positive Gesamtaussage für die Zukunft von Getrag. Vorausgesetzt, wir setzen unsere Maßnahmen konsequent um und bleiben somit wettbewerbsfähig. Diese Botschaft war sehr hilfreich bei unseren Bankengesprächen über die mittel- und langfristige Finanzplanung, die wir in den nächsten Wochen abschließen können. Unseren Restrukturierungsprozess wollen und werden wir so zügig wie möglich in die Tat umsetzen.
Nicht zuletzt wegen der positiven Gesamtaussage einer unabhängigen Unternehmensberatung glauben wir daran, dass Getrag diese Automobilkrise meistert. Wir werden auch in fünf Jahren ein ebenso gefragter wie respektierter Technologiepartner und Innovationsführer im Bereich der Getriebetechnologie sein. Getrag will und wird aus dieser Krise gestärkt hervorgehen.