Getrag: Arbeitnehmer legen Konzept zur Sanierung vor

Untergruppenbach/ Ludwigsburg. Die Arbeitnehmervertreter des angeschlagenen Getriebeherstellers Getrag haben mit Unterstützung eines Beratungsunternehmens einen eigenen Vorschlag zur Sanierung des Unternehmens erarbeitet und diesen dem Management vorgelegt. "Wir sehen in diesem Konzept genügend Einsparpotenziale, um die Zukunft von Getrag zu sichern", kommentierte Hubert Dünnemeier von der IG Metall Bezirksleitung Baden-Württemberg. Ziel sei es, dass alle deutschen Standorte weiter bestehen könnten. Ohne eine Neuausrichtung dürfte sich die Situation von Getrag nach Darstellung der Gewerkschaft weiter verschlechtern: Der Handlungsbedarf sei groß, der Handlungsspielraum eng. Die nächste Verhandlungsrunde mit dem Management ist für den 13. Januar angesetzt worden. Vor dem Jahreswechsel hatte sich Firmenchef Dieter Schlenkermann auf Nachfrage der Automobilwoche zuversichtlich gezeigt: " Wir sind sicher, dass wir gestärkt aus dieser Krise herauskommen, denn wir verfügen über Produkte und Technologien, die die Automobile der Zukunft brauchen -zum Beispiel Doppelkupplungsgetriebe." Die Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretern verliefen "konstruktiv".

Die Zeit für das Familienunternehmen mit Sitz in Untergruppenbach bei Heilbronn drängt: Die Konsortialbanken haben Unternehmensberater Roland Berger mit einer Bestandsaufnahme beauftragt. Gleichzeitig will Schlenkermann 380 Arbeitsplätze abbauen und hat auch die Schließung eines von vier Werken in Deutschland zur Diskussion gestellt. Der Absturz des Getriebeherstellers, der vollständig der Familie Hagenmeyer gehört, kam ebenso abrupt wie überraschend: Noch Mitte Oktober sah sich Präsident Tobias Hagenmeyer weltweit auf Erfolgskurs, obwohl bereits damals die Finanzkrise für einen Einbruch in der Automobilnachfrage gesorgt und viele Hersteller bereits Produktionsdrosselungen angekündigt hatten. Klar war damals auch, dass sich ein Großauftrag von Chrysler über jährlich 700.000 Doppelkupplungsgetriebe faktisch zerschlagen hatte. Zu den großen Kunden von Getrag gehört vor allem BMW, aber auch Audi, Mercedes, Smart und Porsche stehen auf der Kundenliste.

Das nun vorgelegte Konzept, das vom Saarbrücker Info-Institut im Auftrag der Arbeitnehmervertreter ausgearbeitet wurde, sieht den Erhalt aller deutschen Standorte vor. Das Werk Neuenstein soll wie bisher weiter produzieren und darüberhinaus Umfänge aus dem Standort Bari erhalten, das derzeit auf die Produktion von Doppelkupplungsgetrieben umgerüstet wird. Außerdem soll ein großer Teil der für das Werk Kechnec geplanten Investitionen eingespart werden, da diese Produktionskapazitäten in Neuenstein laut IG Metall bereits vorhanden sind. Der neue Standort im Osten der Slowakei wurde erst im November 2007 eröffnet. Ursprünglich wollte Getrag dort mit zunächst 450 Mitarbeitern jährlich 110.000 Doppelkupplungsgetriebe und 100.000 Motorradgetriebe fertigen. Ab 2010 war sogar ein Kapazitätsausbau auf 220.000 Pkw-Getriebe und die Einstellung weiterer 300 Mitarbeiter geplant gewesen.

Außerdem wollen die Arbeitnehmervertreter den Standort Rosenberg, wo Getriebe, Radsätze und Kupplungskörper vom Band laufen, durch Insourcing unter anderem von bisher fremd vergebenen Drehteilen besser auslasten. Nach Gewerkschaftsangaben wird derzeit die dortige Kapazität nur zu 85 Prozent genutzt. Im Stammwerk Ludwigsburg sieht das Sanierungskonzept die Produktion der bisherigen Produkte sowie die Ansiedelung des Ersatzteilgeschäfts vor. In der ebenfalls von einem Personalabbau bedrohten Zentrale in Untergruppenbach soll die Fremdvergabe von IT-Dienstleistungen beendet werden. Außerdem werde geprüft, ob künftig auch auch die Hard- und Softwareentwicklung dort gebündelt werden kann.

Sollte dennoch ein Personalabbau unumgänglich sein, dann solle dieser in jedem Fall sozialverträglich organisiert werden, betont Dünnemeier.

Früheren Angaben der Gewerkschaft zufolge will Getrag mit der angestrebten Restrukturierung Einsparungen von 27 Millionen Euro ab 2010 erreichen. Bis zur Umsetzung des Personalabbaus will Getrag laut IG Metall die Arbeitszeit ohne Lohnausgleich senken und so an das Produktionsvolumen anpassen. Darüberhinaus soll die zweite Stufe der Tariferhöhung um sechs Monate auf den ersten Dezember 2009 verschoben werden. Schlenkermann rechnet im kommenden Jahr mit einem Umsatzrückgang zwischen 20 und 25 Prozent. Im Jahr 2007 hatte die Getrag Gruppe bei einem Umsatz von 2,6 Milliarden Euro einen Gewinn von 40 Millionen Euro erzielt.

Schwierig sind die Verhandlung vor allem deshalb, weil nach Ansicht der Arbeitnehmervertreter die riskante Auslandsexpansion überwiegend mit Fremdkapital verantwortlich für die Schieflage ist. Dazu gehört eine Fabrik für den kurz vor der Insolvenz stehenden US-Hersteller Chrysler ebenso wie eine Produktionsstätte für Ford, der im US-Geschäft ebenfalls mit Überkapazitäten zu kämpfen hat. Außerdem wurden Aufträge für eine Fabrik im italienischen Bari früher als erwartet gekündigt.