Exklusiv: Erwin Behr insolvent - Lösung zeichnet sich ab

Stuttgart. Der krisengeschüttelte Automobilzulieferer Erwin Behr ist zahlungsunfähig. "Das Unternehmen hat in der Vergangenheit Verluste aufgehäuft, die die bisherigen Gesellschafter nicht mehr decken wollten. Deshalb war die Insolvenz unvermeidlich", sagte Rechtsanwalt Volker Grub am Dienstag auf Anfrage der Automobilwoche. Zur Höhe der Verluste wollte er sich nicht äußern. Nach unseren Informationen beläuft sich der Verlust auf rund 20 Millionen Euro. Seit Jahren soll ein Fehlbetrag von rund sieben Millionen Euro aufgelaufen sein.

Grub zufolge zeichnet sich bereits eine Lösung für den Weiterbestand des Automobilzulieferers ab, der weltweit 840 Mitarbeiter beschäftigt: "Es gibt Interesse von neuen Investoren sowohl aus der Automobilbranche als auch von der Finanzseite." Eher unwahrscheinlich ist seiner Einschätzung nach, dass es zu einem Insolvenzplan mit den Altgesellschaftern kommt.

An Erwin Behr Automotive sind zu je einem Drittel die in Starnberg ansässige Beteiligungsgesellschaft Buchanan Industrial Technologies, L-EA Private Equity - eine Gesellschaft der Landeskreditbank Baden-Württemberg - sowie die schweizerische Quellen AG beteiligt. Den Rest der Anteile hält das Management des Unternehmens. Erst im Juni hatte das Unternehmen nach einer langen schwierigen Phase Entwarnung gegeben. Damals hatte der kaufmännische Geschäftsführer Ralf Gentejohann einen Großauftrag für die Mercedes E-Klasse mit einem Volumen in zweifacher Millionenhöhe bekanntgegeben. Dieser Auftrag ist laut Grub wegen der unsicheren Finanzlage des Unternehmens inzwischen wieder zurückgezogen worden: "Dies hat allerdings nicht zur Insolvenz beigetragen."

Nach einer Kapitalspritze von 40 Millionen Euro durch die bisherigen Gesellschafter, die für neue Anlagen und die Deckung der Verluste verwendet worden sind, sollte Erwin Behr im Jahr 2009 bei einem Umsatz von 60 Millionen Euro wieder die Gewinnzone erreichen. Im vergangenen Jahr hatte das Unternehmen einen Umsatz von nur 20 Millionen Euro erzielt. Der langfristig angelegte Sanierungsplan sah bis zum Jahr 2010 ein Umsatzwachstum auf 80 Millionen Euro vor. Dabei hat Gentejohann stets die langfristige Ausrichtung der Gesellschafter hervorgehoben.

Nach Meinung der IG Metall versuchen die bisherigen Anteilseigner im Zuge der Insolvenz, sich der Schulden zu entledigen. Klaus-Dieter Roller, IG Metall-Sekretär in Esslingen, sagte der Automobilwoche: "Der Daimler-Auftrag ist Erwin Behr schon im Juli wieder entzogen worden. Die monatelangen Verhandlungen über eine Standortverlagerung und den Ausbau der Produktion waren nur Hinhaltetaktik." Um Arbeitsplätze zu erhalten, gab sich die Gewerkschaft kompromissbereit und stellte einen Sanierungstarifvertrag in Aussicht.

Erwin Behr fertigt designorientierte Zierteile aus Aluminium, Holz und Gewebe für die Innenraumgestaltung von Premiumfahrzeugen. Zu den Kunden zählen neben Mercedes-Benz auch BMW, VW und Porsche sowie Renault und General Motors. Neben Wendlingen und Wallerstein unterhält das Unternehmen auch einen Produktionsstandort in Grand Rapids, Michigan/USA.