Sicherheit ist ein Wachstumsthema – auch in Krisenzeiten. Allerdings gilt das vor allem für aktive Fahrerassistenzsysteme. Bei passiven Lösungen ist ein gewisser Sättigungsgrad erreicht.Da geht es eher nach unten, es gibt einen Preisverfall bei Komponenten. Grundsätzlich erwarten die Kunden, dass ihre Autos sicher sind. Dafür wollen sie nicht extra bezahlen. Nehmen Sie als Beispiel ESP oder Airbags, die heute praktisch Standard in den Fahrzeugen sind.
"Es herrscht Verdrängungswettbewerb.“
Wir rechnen mit signifikanten Wachstumsraten in den nächsten vier bis fünf Jahren. Die können zwischen 30 und 40 Prozent liegen. Das hängt aber auch von den Initiativen der Gesetzgeber und Versicherungen ab, die für entsprechende Anreize sorgen müssen. Dann werden die Penetrationsraten, die heute noch sehr klein sind, deutlich ansteigen.
Wir gehören zu den größten Anbietern. Zu unseren Kunden zählt nicht nur der Premiumanbieter Volvo, sondern auch die Ford-Gruppe. Dadurch haben wir die Möglichkeit, in größere Volumina zu kommen und solche Systeme auch in die Kompaktklasse zu bringen. Weitere Kunden sind unter anderem. Jaguar und Land Rover. Grundsätzlich ist der Markt bei den großen Zulieferern so hart umkämpft, dass sogar ein Verdrängungswettbewerb stattfindet.
Das ist natürlich unserer strategisches Ziel. Gerade die deutschen Premiumhersteller arbeiten aber traditionell mit ihren Zulieferern zusammen. Da gibt es schon allein aus technischen Gründen gewisse Hürden für einen neuen Lieferanten. Dazu kommt, dass mit solchen Systemen bisher bei weitem nicht die Stückzahlen erreicht werden, um einen zweiten Zulieferpartner mit ins Boot zu holen.
Es gibt einerseits den Trend, dass immer mehr Hersteller versuchen, Fahrerassistenzsysteme als Standardausstattung anzubieten und sich dadurch einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Das bedeutet, dass Funktionen wie die Einparkhilfe in ein Serienfahrzeug einziehen. Andererseits gibt es auch Systeme, die so teuer sind, dass man sie zunächst in der Oberklasse kommen und dann über die Jahre in die Segmente darunter diffundieren. Die Frage ist, ob das die Kunden akzeptieren. Sobald es gesetzliche Vorschriften gibt, lässt sich kein Aufpreis mehr durchsetzen.
Am weitesten fortgeschritten sind zweifellos die USA. Wahrscheinlich sollen dort 2013 neue Vorgaben kommen. Sehr wahrscheinlich ist, dass die US-Verkehrsbehörde NHTSA in ihre Ratings die Abstandswarnung und den Spurhalteassistenten aufnehmen. Parallel dazu gibt es bereits bestehende Marketing-Instrumente wie den Monroney-Sticker, der in den USA auf jedem Fahrzeug klebt und Auskunft über vorhandene Features gibt. Der Zukunftsmarkt für Fahrerassistenzssysteme ist Europa neben den USA.
Das ist ist richtig. Allerdings sind ist das nur eine EU-Richtlinie. Es bleibt den einzelnen Ländern überlassen, diese Richtlinie umzusetzen. Weil es keine gesetzlichen Vorgaben gibt, sind die Penetrationsraten auf einem niedrigen zweistelligen Level bezogen auf den Absatz an Neufahrzeugen. Immerhin gibt es nun eine neue Initiative: Bei Euro NCAP ist man gerade dabei, Funktionen wie den Toter-Winkel-Assistenten oder ein Spurhaltesystem zu definieren, die neben dem eigentlichen Crash-Test auch in die Sicherheitsbewertung einfließen sollen. Es gibt aber noch keine konkreten Pläne dazu.
Die sind sehr hoch. Sowohl beim OEM als auch beim Zulieferer. Die Neuentwicklung eines Sensorsystems mit Radar und Video dauert drei bis vier Jahre. Noch viel wichtiger ist die Validierung: Letzlich müssen Sie die Funktionen in der realen Welt testen – in verschiedenen Ländern, bei unterschiedlichen Witterungsbedingungen. Da kommen schnell ein bis zwei Millionen Kilometer Testfahrten und zeitintensive Auswertungen zusammen.
In der ersten Fahrzeuggeneration ist das praktisch unmöglich. Das Ziel ist es, das in der zweiten Generation zu schaffen. In der heutigen Situation steigt auf jeden Fall der Druck, die Amortisastion schneller, das heißt in einem Zeitrahmen von vier bis fünf Jahren zu erreichen.
Die Preise der Systeme sind sehr stark von den Komponenten bestimmt. Bei Delphi entwickeln wird deshalb zum Beispiel gerade einen elektronisch scannenden Radar, der keine mechanischen Teile mehr hat. Aufgrund des Einsatzes von Standardkomponenten und -software kann er in hohen Stückzahlen mit der notwendigen Qualtität und entsprechenden Degressionseffekten gefertigt zu werden.
Wenn man die bestehende Sensorik nutzen kann, um neue Funktionen zu erhalten, fallen keine weiteren Hardwareinvestitionen an. Durch intelligentere Software und Signalverarbeitung kann somit die Profitabilität erhöht werden. Vor allem, wenn die Umgebungssensorik mit Kameras und Radar vorhanden ist. Dass lässt sich dann sogar mit GPS verknüpfen.
Wichtige Themen sind eine verbesserte Kamera- und die vereinfachte Radarsensorik. Mit Hochdruck wird derzeit an deutlich günstigeren und effizienteren Lösungen für die Radarsignalverarbeitung gearbeitet. Das gleiche gilt bei der Bildverarbeitung. Da geht es um hochdynmische Systemen mit hoher Auflösung. Wer komplexe Lösgnen günstig anbieten kann, hat Vorteile. Eine weitere Schlüsseltechnologie ist die Satelliten- bzw Mobilfunktkommunikation. Delphi bietet in den USA Satellitenradio an. Der Standard unterstützt auch die Kommunikation mit Fahrzeugen.
Bei Delpi kommt eine Fußgängererkennung mit entsprechender Warnung. Außerdem verbessern wir den Notbremsassistenten. Da wird die Kollissionsminderung auf ein maximales Level angehoben. Die Kollissionsvermeidung ist rein legislativ ein schwieriges Thema. Das tut sich die ganze Branche schwer. Langfristig wird auch das Bremsen auf stehende Ziele serienreif. Auch das ist aber ein rechtliches Thema. Das semi-autonome Fahren hingegen wird meiner Meinung nach nicht realisiert werden. Weil der Fahrer für das Fahrzeug voll verantwortlich ist, gibt es da keine juristische Klarheit. Deshalb steht dieses Thema bei Delphi nicht mehr auf der Roadmap. Dies dürfte für die ganze Branche gelten. Beim Notrufassistenten sehen wir kontinuierliche Verschiebungen des Einführungszeitpunkts weil nicht geklärt ist, wer die Infrastruktur dafür bereitstellt und wer sie finanziert.
Es geht darum, die Sicherheit im Straßenverkehr nicht nur durch die passive Sicherheit zu verbessern, sondern auch durch den Austausch von Informationen zwischen Fahrzeugen und der Infrastruktur. Durch die car-to-car-Kommunikation könnten sich Fahrzeuge zum Beispiel gegenseitig vor Glatteis warnen. Damit car-to-car etwas funktioniert, braucht man aber eine Mindestzahl von Fahrzeugen im Verkehr. Im ersten Schritt – so etwa in drei bis vier Jahren – dürfte deshalb car-to-x kommen. Dabei kommunizieren die Fahrzeuge mit der Infrastruktur. Zunächst geht es in Richtung Komfort mit Werbemeldungen zur Gastronomie oder Shoppen. Später werden Sicherheitsfeatures dazu kommen – etwa ein Hinweis, etwas wenn man zu schnell auf eine rote Ampel zu fährt. Das ganze Thema ist weniger eine Frage der technischen Standards. Man kann zum Beispiel auf die Toll-Collect-Schnittstellen aufsetzen. Es geht vielmehr darum, wie man sicherstellen kann, dass niemand Fehlinformationen einstreuen kann.