Stuttgart. Die Pkw-Sparte von Daimler will den Absatz bis 2020 auf mehr als 2,6 Millionen Einheiten verdoppeln und kündigt gleichzeitig einen größeren Umbau der Unternehmensstrukturen an. "Unser heutiges Geschäftssystem ist historisch gewachsen. Es wäre ineffizient, diese Strukturen zu duplizieren, um den Absatz zu verdoppeln", heißt es in einem Schreiben an die Mitarbeiter, das der Automobilwoche vorliegt. In dem Brief bekräftigt Daimler- und Mercedes-Chef Dieter Zetsche die Wachstumsziele der Sparte und gibt zum ersten Mal einen konkreten Hinweis auf das im Rahmen des Programms "Mercedes-Benz 2020" (MB 2020) angestrebte Volumen.
Im vergangenen Jahr hat Mercedes-Benz Cars fast 1,363 Millionen Einheiten der Marken Mercedes, Smart und Maybach verkauft. Davon entfielen auf Mercedes knapp 1,262 Millionen Einheiten. Im laufenden Jahr will die Marke einen neuen Rekord mit 1,3 Millionen verkauften Fahrzeugen schreiben. Am morgigen Donnerstag legt Daimler die Zahlen zum dritten Quartal vor. Dann will Zetsche auch eine neue Ergebnisprognose für die Pkw-Sparte bekanntgeben. Vor kurzem hat der Manager eingeräumt, dass Mercedes-Benz Cars das angestrebte Gewinnniveau von 5,2 Milliarden Euro aus dem Vorjahr nicht erreichen wird. Mit MB 2020 wollen die Stuttgarter wieder der absatzstärkste und profitabelste Premiumhersteller werden. Dazu muss Mercedes die Konkurrenten BMW und Audi überholen.Wichtige Pkw-Märkte entwickeln sich schwächer als noch zu Jahresbeginn erwartet, heißt es in dem Brief, den das Mercedes-Führungsteam mit Produktions- und Einkaufschef Wolfgang Bernhard, Controller Frank Lindenberg, dem Vertriebsverantwortlichen Joachim Schmidt und Entwicklungsvorstand Thomas Weber unterzeichnet hat. weiter: "Wir müssen trotz schwacher Märkte unsere Profitabilität sichern, weil wir nur so die Finanzkraft behalten, die für unsere Zukunftsinvestitionen nötig sind." Um das zu schaffen, will Daimler das Programm "Fit for Leadership" mit dem internen Kürzel "F4L" auflegen, das laufende und zusätzliche Effizienzmaßnahmen bündelt. Kurzfristig soll damit das Ergebnis gesichert werden. "Jeder Euro, den wir nicht ausgeben, ist ein Euro mehr für profitables Wachstum", heißt es in dem Schreiben wörtlich.Daimler will Absatz bis 2020 verdoppeln
Gleichzeitig kündigt das Top-Management um Zetsche einen größeren Umbau von Mercedes an: Das langfristige Hauptziel von "F4L" sei die Optimierung des Geschäftssystems - also der Entwicklungs-, Produktions- und Vertriebsstrukturen. "Was neu hinzukommt, muss auch neu gedacht und gemacht werden. Nur so entsteht ein nachhaltig wettbewerbsfähiges Geschäftssystem."
Der Mercedes-Chef hat vor kurzem das seit Jahren verfolgte Margenziel von zehn Prozent kassiert. Den ursprünglichen Planungen zufolge sollte die Pkw-Sparte im kommenden Jahr eine Rendite vor Zinsen und Steuern von zehn Prozent erreichen und im Durchschnitt über die Geschäftszyklen halten. Im vergangen Jahr lag die Rendite bei neun Prozent. Im Frühjahr hat Produktionschef Bernhard bereits zusätzliche Einsparungen von sechs Milliarden Euro bei den Materialkosten und deutliche Effizienzsteigerungen in der Fertigung als Ziel herausgegeben.Welche Einsparungen das neue Programm F4L bringen soll, ist nicht bekannt. Allerdings hat Zetsche bereits klargestellt, dass damit kein Stellenabbau verbunden sein soll. Dies wäre ohne einen größeren Konflikt mit den Arbeitnehmervertretern auch nicht machbar, da für weite Teile der Sparte eine Beschäftigungsicherung vereinbart wurde. Indirekt nimmt der Brief dazu Stellung: "Was ohne profitables Wachstum zu Abbaumaßnahmen führen müsste, kann mit profitablem Wachstum durch Effizienzsteigerungen erreicht werden."Mercedes-Benz Cars hat im vergangenen Jahr einen Umsatz von 57,4 Milliarden Euro und einen Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) von 5,192 Milliarden Euro geschrieben. Die Marge lag damit bei 9,0 Prozent. Zum Vergleich: Audi kam auf 12,1, BMW auf 11,8 Prozent. Die Stuttgarter begründen dies mit dem "zyklusbedingt eines der ältesten Portfolien im Wettbewerbsvergleich" sowie hohen Investitionen. Bis 2015 will Mercedes rund 30 neue Modelle auf den Markt bringen, zehn davon haben keinen Vorgänger und sollen damit neue Segement besetzen. Insgesamt geht der Konzern von einem Wachstum des globalen Automobilmarkts um über 50 Prozent bis 2020 aus - der Markt für Premium-Pkw soll noch stärker zulegen. "Das versetzt uns in die Lage, in kaum zehn Jahren so viel zu wachsen wie in den vergangenen 100", so Daimler.