Daimler startet 2011 Finanzdienstleistungsgeschäft in Indien

Stuttgart. Daimler will im Finanzdienstleistungsgeschäft von der steigenden Nachfrage nach Automobilen in Schwellenländern profitieren und in etablierten Märkten das Geschäftspotenzial besser ausschöpfen. "Wir sind gut aufgestellt und gehen davon aus, dass auch 2011 wieder ein erfolgreiches Jahr für Daimler Financial Services werden wir. Für das weltweite Neugeschäft und das Vertragsvolumen rechnen wir mit einem erneuten Wachstum", stellte Klaus Entenmann, Chef der Finanzdienstleistungs-Tochter des Stuttgarter Autoherstellers, in Aussicht. Der Manager steht nun seit knapp einem Jahr an der Spitze der Daimler Financial Services AG. Auch mittelfristig sieht Entenmann noch großes Wachstumspotenzial. Im zweiten Halbjahr 2011 will die Daimler-Tochter erstmals ins Finanzierungsgeschäft in Indien einsteigen.

Die noch in Berlin ansässige Finanzdienstleistungs-Sparte des Daimler-Konzerns hat zwei Funktionen: Sie soll einerseits den Fahrzeugabsatz und die eigenen Händler finanzieren. Anderseits ist die Sparte, zu der auch die Mercedes-Benz Bank gehört, für die Refinanzierung des eigenen Geschäfts zuständig. Nachdem die Financial Services in der Krise 2009 einen herben Geschäftseinbruch verkraften mussten und nur einen symbolischen operativen Gewinn von neun Millionen Euro auswiesen, dürften sie in diesem Jahr laut Entenmann "eines der besten Ergebnisse ihrer Geschichte" schreiben. Konkret stellt der Manager einen Gewinn von mehr als 900 Millionen Euro in Aussicht. Im bisherigen Rekordjahr 2006 hatte Daimler 807 Millionen Euro eingefahren.

"Wir kommen gestärkt aus der Finanz- und Wirtschaftskrise und profitieren von rückläufigen Risikokosten und günstigen Zinsmargen", so Entenmann. Beim Neugeschäft profitierte die Sparte vor allem vom hohen Pkw-Absatz und der Entspannung im Nutzfahrzeuggeschäft. Im laufenden Jahr stieg das Neugeschäftsvolumen um 16 Prozent auf 21,3 Milliarden Euro. Aktuell werden Verträge im Volumen von 61 Milliarden Euro betreut - davon entfallen 20 Milliarden Euro auf die Nutzfahrzeuge. Damit wird weltweit mehr als jeder dritte Pkw und jedes vierte Nutzfahrzeug von Daimler finanziert oder verleast.

Vor allem der Ausbau der Geschäftsaktivitäten in den aufstrebenden Schwellenländern soll das Geschäft mit dem Finanzdienstleistungen beflügeln. In der zweiten Jahreshälfte 2011 startet die neue Gesellschaft "Daimler Financial Services India Privat Ldt.". Zunächst ist der Einstieg in den Pkw-Markt vorgesehen, im Jahr 2012 soll die Nutzfahrzeuge folgen. Allerdings dämpfte Entenmann die Erwartungen etwas: "Der Premium-Markt in Indien wächst nicht mit der gleichen Dynamik wie in China." Im Reich der Mitte ist Daimler nun seit fünf Jahren mit Finanzdienstleistungen vertreten. Zum Ende des dritten Quartals lag das Vertragsvolumen bei 916 Millionen Euro. Bis Jahresende soll die ursprünglich angepeilte Marke von einer Milliarde Euro überschritten werden.

"In China gibt es für uns noch große Wachstumschancen", ist Entenmann überzeugt. Dabei setzt er auf zwei Effekte: Mercedes will bis 2015 in China den Absatz auf 300.000 Pkw (heute: rund 120.000 Einheiten) ausbauen, was zwangsläufig zu einem höheren Geschäftsvolumen führen dürfte. Weil derzeit aber nur 13 Prozent der Mercedes-Pkw finanziert wird, sieht Entenmann weitere Potenziale: "In Asien liegt die Penetrationsrate bei einem Drittel. Da können wir noch zulegen." Zusätzliche Geschäftsmöglichkeiten sieht er bei Versicherungen. Hier entscheiden sich 28 Prozent der Fahrzeugkäufer für eine Police des Autoherstellers.

Dass damit für den Konzern ein Klumpenrisiko entsteht, weil die Abhängigkeit vom chinesischen Markt sowohl im Neuwagenverkauf als auch mit Finanzdienstleistungen zunimmt, kann der Manager nicht erkennen: "Das Risiko in China ist viel geringer als in anderen Märkten." Dafür führt er drei Gründe an: Es gibt praktisch keine Leasingverträge, weil die Chinesen ihre Fahrzeuge kaufen und finanzieren. Deshalb besteht für den Hersteller auch kein Restwertrisiko. Bei der Finanzierung leisten sie im Durchschnitt eine Anzahlung von 30 Prozent bei einer Laufzeit von drei Jahren. Außerdem sind die Chinesen gute Zahler, so dass es kaum zu Ausfällen kommt.

In den etablierten Märkten wie Europa setzt Entenmann ab 2012 auf die neue Generation der A- und B-Klasse. "Damit wollen wir jüngere Käufer ansprechen, die häufig Fahrzeuge nutzen, aber nicht besitzen wollen", so der Manager. Die Pkw-Sparte will bis 2015 den Absatz um 35 Prozent auf dann 1,5 Millionen Fahrzeuge ausbauen. Darüber hinaus soll der Verkauf von Versicherungen angekurbelt werden. "Wir wollen Barzahler im Autohaus gezielt auf dieses Thema ansprechen", kündigte er an. Für Daimler ist der Verkauf von Kfz-Policen nicht nur Teil der Wachstumsstrategie. Auch der Händler soll durch "konsequentes Routing der Fahrzeuge im Schadenfall ins das eigene Servicenetz" davon profitieren. Zusätzlich wird dadurch das lukrative Ersatzteilgeschäft angekurbelt. Die Finanzierung der Händler genießt laut Entenmann weiter hohen Stellenwert. Aktuell entfallen sieben Milliarden Euro des Vertragsvolumens auf die Händler. Einen Einstieg in die Finanzierung von Fremdmarken schloss der Manager aus.

Während Entenmann auf der einen Seite das Wachstum vorantreibt, hat er auf der Kostenseite als eine seiner ersten Amtshandlungen im Frühjahr des laufenden Jahres eine Restrukturierung der Sparte inklusive der Mercedes-Bank auf den Weg gebracht. Diese sieht die Verlegung des Firmensitzes aus Berlin nach Stuttgart im Jahr 2012 an den Standort der Bank vor. Durch die Konzentration auf drei Standorte insgesamt und den Abbau von 250 Stellen will Entenmann nach 2012 jährlich 40 Millionen Euro einsparen.

Im Einlagengeschäft hält Daimler Financial Services aktuell ein Volumen von 10,7 Milliarden Euro. "Dieses Niveau macht zur Finanzierung unsrer Aktivitäten Sinn", so Entenmann. In der Spitze hatte Daimler 2009 mit aggressiven ZInskonditionen für Anleger über zwölf Milliarden Euro eingeworben.