Stuttgart/Portland. Der Automobilhersteller Daimler richtet das nordamerikanische Nutzfahrzeuggeschäft neu aus und verlagert massiv Kapazität in den Billiglohn-Standort Mexiko. "Wir stellen uns rechtzeitig und konsequent auf strukturelle Verschiebungen am Markt ein", begründete Lkw-Chef Andreas Renschler am Dienstag in einer Mitteilung. Durch die Restrukturierung will er den operativen Gewinn der Sparte ab 2011 um jährlich 900 Millionen Dollar verbessern. "Weltweit operiert Daimler nach dem Prinzip: eine Region, eine Marke, eine Fabrik. Nun wird auch die bisherige Ausnahme Nordamerika klar auf diese Motto getrimmt, was dem EBIT strukturell zu Gute kommen dürfte", so Analyst Roman Mathyssek vom Marktprognose-Insitut Global Insight. Die Kosten für die Standortverlagerung und den angestrebten Abbau von 3500 Stellen in Nordamerika veranschlagt Renschler mit insgesamt 600 Millionen Dollar. Teil des Plans ist auch die Aufgabe der US-Lkw-Marke Sterling. Damit reagieren die Stuttgarter auf ein dauerhaft deutlich niedrigeres Marktvolumen als zuletzt angenommen worden war. Angesichts der schlechteren ökonomischen Rahmenbedingungen korrigierte Daimler die Markterwartungen für mittelschwere und schwere Lkw in der Nafta um 20 Prozent nach unten: Statt 435.000 Einheiten dürften 2008 nur noch 294.000 Lkw neu zugelassen werden. "Auch 2009 wird sich die Nachfrage nur moderat erholen", so Renschler in einer Telefonkonferenz. So würden sich die erwarteten Vorzieheffekte durch die Abgasnorm EPA 2010 nicht einstellen, weil die Kunden das Geld zusammenhielten und lieber die Fahrzeuge länger nutzten. Insgesamt geht Renschler nicht mehr davon aus, dass auf absehbare Zeit das Marktniveau von 2006 wieder erreicht wird. "Die Entscheidung hat sich seit einiger Zeit angebahnt, durch das trübe wirtschaftliche Umfeld in den USA wurde dieser Schritt überfaellig - die Fixkosten mussten schnell gesenkt werden," so Mathyssek.
Die Lkw-Sparte von Daimler hat sich ambitionierte Renditeziele gesetzt und gerät derzeit unter hohen Kostendruck durch die gestiegenen Rohstoffpreise. Gleichzeitig brach der wichtige US-Markt zusammen und auch in Europa läuft der jahrelange Boom aus. Bereits im Sommer musste Renschler zusammen mit dem Konzern die Prognosen nach unten korrigieren: Statt wie ursprünglich für 2008 vorhergesagt, das EBIT deutlich über die 2,1 Milliarden Euro von 2007 zu steigern, geht er jetzt von einer Stagnation aus. Ab 2010 soll Daimler Trucks über die Zyklen hinweg eine Umsatzrendite von durchschnittlich acht Prozent erzielen (2007: 7,5 Prozent). Daimler ist mit der Marke Mercedes-Benz, den US-Brands Freightliner, Sterling und Western Star sowie mit der japanischen Tochter Fuso der größte Lkw-Hersteller der Welt.