München. Das Preisniveau für Kfz-Teile aus deutschen Werken in China setzt die Zulieferer hierzulande unter Druck. Bei den regelmäßigen Preissenkungsrunden der europäischen Fahrzeugbauer spielen nun auch die asiatischen Standorte der deutschen Zulieferer zunehmend eine Rolle. So ein Ergebnis der Unternehmensberatung Hans-Andreas Fein in der Marktstudie "Die Preissenkungs-Forderungen der Automobilhersteller 2012". Die Entwicklung bedeute, "dass Preise bald wie in China gefordert werden", erklärt Marketingexperte Hans-Andreas Fein. "Vor allem VW, Audi und BMW drängen bisher". Wenn nicht gegengesteuert werde und die Partnerschaft zwischen Autobauern und Zulieferern wieder enger wird, "zeichnen sich im Zuliefererbereich der Autobranche ähnliche Entwicklungen ab wie in der Elektronik-, Computer-, Bekleidungs- und Solarindustrie", befürchtet er.
So schließen die Forderungen der Konzerne nach Rabatten wieder an das hohe Vorkrisenniveau von 2008 an. 2012 erwarteten die Einkäufer Forderungen nach Preisreduktionen von durchschnittlich vier Prozent (2010: 3,5 Prozent). Von ihren Forderungen konnten sie im Durchschnitt schließlich 2,7 Prozent durchsetzen. "Die Forderungen wären noch härter ausgefallen, wäre die Nachfrage bis Sommer 2012 nicht so kräftig gestiegen", analysiert Fein. Im Premiumsegment sei sogar befürchtet worden, dass die Fertigungskapazitäten nicht ausreichen könnten. "Das verschaffte bei Audi, BMW, Daimler und Porsche vielen Verkäufern eine relativ komfortable Verhandlungsposition."China ist überall
Bei den Premiummarken fielen die Rabattforderungen mit 3,3 Prozent deshalb "eher maßvoll" aus. Dagegen setzten die Massenhersteller – Ford, Opel, PSA, Renault, VW – im Schnitt ein Prozent höhere Nachlässe durch: den geforderten 4,5 Prozent standen erhaltene 3,5 Prozent gegenüber.
Als neuen Trend weist die Fein-Studie einen wachsenden Druck großer Zulieferer auf ihre Unterlieferanten aus. "Die Megazulieferer haben gelernt oder sind von den Autobauern gedrängt worden, das System der Kostenreduktion auf ihre eigenen Lieferanten in der Kette anzuwenden", erläutert Fein. Und wo der Mittelstand nicht mehr nachkommt, würden die Beschaffer eben verstärkt nach Osteuropa und China ausweichen. Um ihre Existenz zu sichern, gingen die Kleinen den Schritt in Niedriglohnländer oft auch von sich aus.Sorge bereiten den Teilelieferanten auch die stark gestiegenen Rohstoffpreise, die sie nur zum geringeren Teil an ihre Abnehmer weitergeben könnten. Das gilt besonders für den Kautschuk- und Kunststoffbereich. Lediglich bei Aluminium, Kupfer oder Stahl ist die Situation erträglicher.Für Harald Schatz, Automobilexperte beim Trainings- und Beratungsunternehmen Peter Schreiber & Partner, sind die Verkäufer der Zulieferer zu schnell zu Zugeständnissen gegenüber den Fahrzeugherstellern bereit. "Und diese Situation wird sich verschärfen, wenn, wie von Experten vorausgesagt, der Autoabsatz in Europa weiter sinken wird." Daher sei es wichtig, dass sich die Zulieferer eine Verhandlungsposition erarbeiten, bei der sie von den Autoherstellern "als ernstzunehmender, weil Nutzen stiftender Partner" gesehen werden. In der Zusammenarbeit mit den Zulieferern habe sich gezeigt, dass es noch zahlreiche Schräubchen und Stellhebel gebe, "an denen sie drehen könnten, um die Defensive, in der sie sich gegenüber den Herstellern befinden, zumindest aufzuweichen".
"Häufig stellen wir im Kontakt mit Zulieferern fest, dass sie ihren Kunden bereits echte Mehrwerte bieten, ihnen aber gar nicht bewusst ist, welche Entscheidungsrelevanz dieser Punkt für ihre Kunden hat." Beispielsweise, indem ein Zulieferer Lieferengpässe bei den Herstellern verhindert, weil er eine hohe Prozesssicherheit bietet oder durch eine eigene Fertigung vor Ort in einem wichtigen Auslandsmarkt des Kunden präsent ist.Neue Markt- und Technologieanforderungen werden die Zulieferer künftig sogar noch stärker fordern, heißt es in einer gemeinsamen Studie der Unternehmensberatung Oliver Wyman und dem Verband der Automobilindustrie (VDA) mit dem Titel FAST 2015 – Future Automotive Industry Structure. "Bei den anstehenden Investitionen in Technologie und globale Expansion werden Ertragsstärke und Flexibilität zu den Kernerfolgsfaktoren für Zulieferer", ist Lars Stolz, Partner bei Oliver Wyman und Autor der Studie, überzeugt.