Bosch strebt nach Milliardenverlust wieder schwarze Zahlen an

Stuttgart. Ein herber Umsatzeinbruch sowie hohe Restrukturierungskosten haben dem Bosch-Konzern 2009 das schlechteste Ergebnis seit mehr als 60 Jahren beschert: Während die Erlöse um 15 Prozent auf 38,2 Milliarden Euro abschmolzen, rutschten die Stuttgarter operativ (EBIT) mit 1,15 Milliarden Euro in die Verlustzone. Nach Steuern ergab sich ein Verlust von über 1,2 Milliarden Euro. "Wir wollen 2010 wieder zu einem positiven Ergebnis zurückkehren", kündigte Bosch-Chef Franz Fehrenbach auf der Bilanz-Pressekonferenz am Mittwoch an. Der Abstand zur Zielrendite von sieben bis acht Prozent vor Steuern werde aber "beträchtlich bleiben“. Im ersten Quartal sei der Umsatz der Gruppe um rund 25 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum gewachsen. Insgesamt erwartet Fehrenbach für das Gesamtjahr ein Umsatzplus von mehr als zehn Prozent auf 42 Milliarden Euro. Den größten Beitrag soll die Kraftfahrzeugtechnik leisten, die im vergangenen Jahr bei einem Umsatzrückgang von 18 Prozent auf 21,7 Milliarden Euro einen Verlust vor Zinsen und Steuern von rund 500 Millionen Euro eingefahren hat. Während die Sparte Gebrauchsgüter und Gebäudetechnik mit 440 Millionen Euro schwarze Zahlen schrieb, wies die Industrietechnik bei nur 5,1 Milliarden Euro Umsatz einen Verlust von 1,1 Milliarden Euro aus. Mit einer spürbaren Erholung der Auftragslage in dieser Sparte rechnet Bosch frühestens in der zweiten Jahreshälfte.

Der Autozulieferer und Technologiekonzern verzeichnet bereits seit zwei Jahren rückläufige Umsätze. Im Vorkrisenjahr 2007, das intern hohe Bedeutung hat, weil die personellen Kapazitäten auf diese Umsatzgröße abgestimmt sind, hatte Bosch 46,3 Milliarden Euro erlöst und einen Nachsteuergewinn von mehr als 2,8 Milliarden Euro erzielt. Dabei übertraf die Vorsteuermarge von 8,2 Prozent sogar die Zielrendite. Deutlich schlechter war schon das Jahr 2008: Die Vorsteuermarge sank auf 2,1 Prozent. Trotz der Krise ist Bosch weit davon entfernt ein Sanierungsfall zu sein: Noch immer verfügt das Unternehmen über eine Nettofinanzposition von 500 Millionen Euro, die Eigenkapitalquote liegt unverändert bei 49 Prozent. Im vergangenen Geschäftsjahr hat Bosch mit 11.000 Stellen vier Prozent der insgesamt 270.000 Beschäftigten abgebaut. Der Forschungs- und Entwicklungsaufwand ging um 7,4 Prozent auf 3,6 Milliarden Euro zurück.

Das Abrutschen in die Verlustzone führt Bosch auf den "erheblichen Umsatzrückgang" und hohe Rückstellungen im Zusammenhang mit Restrukturierungen zurück. "Besonders davon betroffen war die Kfz-Technik“, so Finanzvorstand Gerhard Kümmel. Weitere Belastungen entstanden durch außerplanmäßige Abschreibungen, die sich im Konzern auf rund 780 Millionen Euro summierten. Auch diese Impairments fielen in der Kfz-Technik sowie in den Solar-Aktivitäten an, deren Wert allein um 425 Millionen Euro abgeschrieben werden musste. Auslöser war die veränderte Förderpolitik. In der Kfz-Technik litten die Stuttgarter zusätzlich unter den hohen Verlusten der Bremsenaktivitäten in den USA. Hier wurde ein Umsatzvolumen von 580 Millionen Dollar im vergangenen Herbst an den japanischen Zulieferer Akebono verkauft. Ebenfalls eingeleitet wurde der Ausstieg aus der europäischen Fertigung von Zündspulen, was an den Allgäuer Standorten Blaichach und Immenstadt zehn Prozent der 3300 Stellen kosten wird. Vor der Schließung steht auch ein Werk in Wales mit 900 Arbeitsplätzen, wo bisher Lichtmaschinen hergestellt wurden. Von den Auftragsrückgängen im vergangenen Jahr besonders betroffen war das Dieselgeschäft, das zu 40 Prozent von Nutzahrzeugmarkt abhängt. Dieser war vergangenes Jahr praktisch vollständig zusammengebrochen. Bei den Pkw sorgten staatliche Incentives in Europa für eine hohe Nachfrage nach Kleinwagen, die traditionell weniger mit Dieselmotor gekauft werden als große Limousinen.

Wesentliche Absatzimpulse registriert die Sparte derzeit in Asien. Ermutigend sei aber auch die jüngste Entwicklung in Europa und Nordamerika. Allerdings rechnet Sparten-Chef Bernd Bohr damit, dass die Kfz-Technik erst im Jahr 2012 wieder auf das Niveau von 2007 kommt als ein Umsatz von 28,5 Milliarden Euro ausgewiesen wurde. Für das laufende Jahr plant der Manager einen Anstieg der Erlöse aus dem Dieselgeschäft von sechs auf sieben Milliarden Euro. Zudem habe Bosch wichtige Großprojekte für Euro-6-Motoren gewonnen. Diese Emissionsnorm soll ab 2012 schrittweise gelten. Dennoch betonte Fehrenbach, dass der konjunkturelle Einbruch strukturelle Veränderungen beschleunigt: "Wir müssen uns zum Beispiel auf den Trend zu kleineren und kostengünstigen Fahrzeugen einstellen.“ Grundsätzlich sieht Bosch in der Kfz-Technik aber gute Geschäftschancen. Sei es durch steigende Dieselraten in der Welt, durch die verstärkte Nachfrage nach Benzin-Direkteinspritzungen sowie den Trend zu energieeffizienten Zusatzaggregaten.

Die Erholung ist kein Selbstläufer", warnt Fehrenbach mit Blick auf den Gesamtkonzern. Darum sei es entscheidend, jetzt die richtigen Weichen für die Zukunft zu stellen und erforderliche strukturelle Maßnahmen konsequent weiter umzusetzen. "In diesem Jahr wird es entscheidend darum gehen, die Produktivität wieder nachhaltig zu steigern“, so der Manager. Diese hatte unter der Kurzarbeit "erheblich“ gelitten. Während der Umsatz um 15 Prozent zurückging, wurde das Beschäftigungsvolumen inklusive verkürzter Arbeitszeit nur um rund zwölf Prozent angepasst. Folge: In Europa rechnet Bosch bis auf Weiteres nicht mit einem Beschäftigungsaufbau, weltweit dürfte durch die Expansion in Schwellenländern die Mitarbeiterzahl wachsen. Einen größeren Personalabbau in Deutschland sieht das Unternehmen jedoch nicht.

Im Jahr 2010 wollen die Stuttgarter vor allem einen guten Teil des krisenbedingt verlorenen Umsatzes in den Jahren 2008 und 2009 wieder aufholen. "Wir halten es für möglich, mit unserem Geschäftsvolumen schon 2011 das Vorkrisenniveau von 2007 zu erreichen“, so Fehrenbach. Aufgrund der Produktivitätslücke dürfte Bosch die Ergebnisziele aber erst 2012 erreichen, unterstrich der Manager. Langfristig hält das Unternehmen an den selbstgesteckten Umsatz- und Ergebniszielen fest: rund acht Prozent jährliches Wachstum und gut sieben Prozent Vorsteuerrendite.