Bosch gründet neue Sparte

Stuttgart. Bosch gründet die neue Sparte Energie-und Gebäudetechnik und verjüngt das Top-Management. An die Spitze der neuen Einheit wird mit Wirkung zum 1. Januar Stefan Hartung berufen, der gleichzeitig in die Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH einrückt. Dies teilte der Automobilzulieferer und breit aufgestellte Technologiekonzern am Freitag mit. Zum Jahresende werden der stellvertretende Vorsitzende der Geschäftsführung, Siegfried Dais, und Rudolf Colm, der in dem Führungsgremium die Verantwortung für die Sparte Gebrauchsgüter und Gebäudetechnik hatte, in Ruhestand gehen. Der 46-jährige Hartung ist seit 2009 für das Geschäft mit Elektrowerkzeugen (Power Tools) zuständig. Der promovierte Maschinenbauingenieur und McKinsey-Berater stieß erst 2004 zu Bosch.

Die Energietechnik mit den defizitären Solar-Aktivitäten war bislang in der Einheit Industrietechnik gebündelt gewesen. Die Sparte Gebrauchsgüter und Gebäudetechnik wird geteilt. Die Verantwortung für die verbleibenden Gebrauchsgüter-Aktivitäten übernimmt Uwe Raschke (54), der weiter Leiter des Asien-Geschäfts bleibt.

Die Neuausrichtung geht mit dem Wechsel an der Bosch-Führungsspitze einher. Am Montag übergibt Bosch-Chef Franz Fehrenbach an seinen Nachfolger Volkmar Denner. Fehrenbach wiederum rückt an die Spitze der Robert Bosch Industrietreuhand KG, dem Machtzentrum hinter den Kulissen. Sein Vorgänger und selbst auch langjähriger Bosch-Chef Hermann Scholl zieht sich zurück. Ebenfalls zum 1. Juli zieht Dirk Hoheisel in die Geschäftsführung von Bosch ein. Er ist dort zuständig für Automotive Electronics und Car Multimedia. Der studierte Elektrotechnik-Ingenieur ist seit 1990 bei Bosch und war in verschiedenen Funktionen in der Entwicklung tätig. Derzeit arbeitet Hoheisel bei Chassis Systems Control in Abstatt bei Stuttgart als Bereichsvorstand Entwicklung.

Der Bosch-Konzern steht vor großen Herausforderungen - vor allem außerhalb des Kfz-Geschäfts, das im vergangenen Jahr mit einem EBIT von 2,3 Milliarden Euro alleine 85 Prozent des operativen Konzern-Gewinns verdient hat. Dagegen rutschte die Industrietechnik mit 364 Millionen Euro in die roten Zahlen. Auslöser dafür war der Geschäftsbereich Solarenergie. Die Solarbranche leidet unter hohem Konkurrenzdruck aus China und einem Preisverfall von bis zu 40 Prozent im Photovoltaik-Markt. Dies führte zu der Sonderabschreibung von 560 Millionen Euro. Bosch hat seit 2008 mehr als zwei Milliarden Euro in die Solarbranche investiert - unter anderem für den Modulhersteller Aleo Solar sowie den thüringischen Photovoltaik-Spezialisten ersol Solar Energy. Die operativen Verluste seit Beginn der Akquisitionen belaufen sich auf rund 300 Millionen Euro, insgesamt hat Bosch knapp eine Milliarde Euro abgeschrieben. Der Gewinn des Unternehmensbereichs Gebrauchsgüter und Gebäudetechnik stagnierte bei 730 Millionen Euro. Pro-Forma-Zahlen zu den Umsätzen der neuen Sparten gibt es derzeit nicht.

Aufgrund der Probleme in den beiden nicht-automotiven Sparten war bei einem Umsatz von 51,5 Milliarden Euro der Vorsteuergewinn des Konzerns auf 1,8 Milliarden Euro eingebrochen. Mit einer Rendite von 5,1 Prozent wurde die Zielmarge von sieben bis acht Prozent verfehlt. Im laufenden Jahr peilt Bosch trotz sich eintrübender konjunktureller Aussichten noch mit einem Umsatzwachstum zwischen drei und fünf Prozent sowie einem verbesserten Vorsteuergewinn.

Die Gründung der neuen Sparte ist überraschend, weil sich Bosch eine Frist bis zum Jahresende gesetzt hat, um über die Zukunft der Solar-Aktivitäten, die von Dais geleitet werden, zu entscheiden. Sollte es nicht möglich sein, technologisch und kostenmäßig gegenüber den führenden chinesischen Anbietern aufzuholen, wollen die Schwaben den Stecker ziehen.

Im Rahmen der organisatorischen Neuausrichtung übernimmt Finanzchef Stefan Asenkerschbaumer das Einkaufsressort von Colm und die IT-Verantwortung von Dais. In seiner neuen Funktion an der Spitze von Bosch bleibt der 55-jährige Denner für Forschung und Entwicklung verantwortlich und ist mit Jahresbeginn zusätzlich für die Wachstumsfelder Bosch Software Innovations und Robert Bosch Healthcare zuständig. Beide Aktivitäten beschäftigten sich mit der Vernetzung von Gebrauchsgegenständen mit dem Internet und daraus entstehenden neuen Geschäftsmodellen zum Beispiel der Telemedizin. Die konzernübergreifende Beratung zur Entwicklung von Produkten, die stärker an den Bedürfnissen der Nutzer ausgerichtet sind (User Experience), gibt er an Uwe Raschke ab. (Fotos: Bosch)