Stuttgart. Wegen der Naturkatastrophe in Japan mit ihren Folgen für die Teileversorgung kommt in der Autobranche die Einkaufspolitik auf den Prüfstand. Eine globalere Versorgung wäre eine Versicherung gegen regionale Ausfälle. Für Europas Zulieferer ergeben sich damit neue Chancen in Fernost. "Die Ereignisse in Japan haben das Thema Risikostrategien bei fast allen Herstellern auf die Agenda gebracht. In Sourcing-Fragen heißt die Zukunft daher Risikostreuung durch Multi-Sourcing“, sagt Truls Thorstensen, Chef der auf die Autoindustrie spezialisierten Unternehmensberatung EFS mit Sitz in Wien und Japan.
Einkaufspolitik wegen Japan auf Prüfstand
Auch Stefan Bratzel, Professor für Automobilwirtschaft an der FH in Bergisch Gladbach, sieht Handlungsbedarf: „Die Entwicklung in Japan zeigt, dass es dringend geboten ist, die häufige Konzentration auf einzelne Lieferanten und Herkunftsregionen zu überdenken.“ Dies stelle allerdings eine Herausforderung für die Qualitätssicherung dar, gibt Bratzel zu bedenken. Bernd Bohr, Chef der Kfz-Sparte von Bosch, bezweifelt allerdings, dass es langfristig zu einer Änderung der Lieferstrukturen kommt.
„Der Zertifizierungsaufwand für zwei verschiedene Lieferanten ist sehr hoch. Die Kunden werden aber künftig darauf achten, dass sie ihre Umfänge aus zwei Werken in verschiedenen Regionen – etwa Japan und USA – erhalten.“ Tatsächlich schrecken die Lieferengpässe die Verantwortlichen auf. Toyota sah sich in der vergangenen Woche sogar gezwungen, die Fertigung an seinen fünf europäischen Standorten wegen fehlender Teile vorübergehend einzustellen. In fast allen Großunternehmen werden deshalb die bestehenden Lieferbeziehungen durch Arbeitsgruppen überprüft. Bratzel sieht vor diesem Hintergrund für die Zukunft neue Strukturen mit entsprechenden Möglichkeiten: „Daraus ergeben sich definitiv Chancen für deutsche Zulieferer, die in Japan einen sehr guten Ruf genießen.“