So machen Autohändler mit Oldtimern Gewinn

Das neue Porsche-Zentrum der Glinicke-Gruppe ist deutschlandweit einzigartig. Nicht aufgrund seiner Größe – der Standort liegt mit 6000 Quadratmetern und 20 Mitarbeitern eher im Durchschnitt – sondern im Hinblick auf die Ware.

Statt Neuwagen und jungen Gebrauchten gibt es dort ausschließlich Oldtimer: Die Gruppe betreibt seit April eines von weltweit nur fünf zertifizierten "Porsche-Classic-Zentren".

"Wir waren schon seit etlichen Jahren mit Porsche im Gespräch über ein Classic Zentrum. Jetzt war für uns der ideale Zeitpunkt, unser Oldtimergeschäft mit einer neuen CI und Support von Porsche neu zu starten", sagt Geschäftsführer Florian Glinicke.

Rund 250 Oldtimer bietet die Gruppe vor Ort in Kassel an, in der Werkstatt können Kunden ihre Fahrzeuge vollständig restaurieren lassen. Sogar einen eigenen Leistungsprüfstand gibt es. Durch das umfassende Angebot soll sich auch für Kunden aus dem Ausland die Anreise lohnen.

Anders würde sich ein Standort dieser Dimension mit einem Absatzziel von 50 bis 100 Autos pro Jahr schwer rechnen. Denn obgleich der Oldtimermarkt seit Jahren wächst, ist er dennoch ein Nischenmarkt. Von rund 49 Millionen Pkw in Deutschland waren zuletzt nur rund 791.000 Oldtimer.

Davon wechselt jedes Jahr nur ein Bruchteil den Besitzer. Hinzu kommen Wartung und Reparatur. Das unter anderem auf Oldtimer spezialisierte Marktforschungsunternehmen BBE Automotive schätzt das deutsche Marktvolumen hierfür auf jährlich 1,2 Milliarden Euro.

Nur wenige Händler können sich in diesem Markt auf Dauer behaupten. Denn die Margen sind knapp und die Risiken groß. "Ich habe schon viele Händler erlebt, die das Oldtimergeschäft groß aufbauen wollten und daran gescheitert sind", sagt Peter Schäfer, Geschäftsführer der Autohausgruppe MedeleSchäfer.

Diese hat sich im Markt etabliert und bietet als Mercedes Classic Partner an ihrem Hauptsitz in Weilheim Reparatur und Verkauf von Oldtimern an.

Man dürfe Oldtimer nicht unter streng betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten betrachten, warnt Schäfer. "Sonst dürfte man das Geschäft eigentlich nicht machen." Man müsse als Inhaber Leidenschaft für das Thema mitbringen.

Das bestätigt auch Florian Glinicke. "Es ist im Classic-Geschäft deutlich anspruchsvoller, wirtschaftlich zu agieren als im klassischen Autohausgeschäft. Es ist aber möglich. Wir schreiben schwarze Zahlen und sind damit zufrieden."

Im Vordergrund steht für ihn aber etwas anderes: "Mit Oldtimern habe ich ein Hobby zum Teil meines Berufs gemacht." Wer nur auf die Rendite schaue, solle über ein anderes Geschäft nachdenken.

Die Schwierigkeit bei Oldtimern besteht vor allem in den Unwägbarkeiten der Fahrzeuge, die die Kostenkalkulation von Reparaturen extrem schwierig macht. "Hier kann man viel Geld verlieren", sagt Gerd Heinemann, Geschäftsführer von BBE Automotive.

Hinter jeder Abdeckung könne sich ein neues unerwartetes Problem verbergen, das man vorher nicht im Blick hatte. "Die Kosten für die zusätzlichen Arbeitsschritte lassen sich aber meist nicht eins zu eins an die Kunden weitergeben." Hinzu kommen die hohen Lohnkosten in Deutschland.

Obwohl die Stundenverrechnungssätze im Classic-Zentrum niedriger seien als im Porsche-Zentrum, könne man bei Restaurationen nicht jede Arbeitsstunde abrechnen, weil sonst die Kosten zu hoch seien, berichtet Glinicke.

Das bestätigt auch Peter Schäfer: "Die große Herausforderung ist, dass Oldtimer sehr wartungs- und reparaturintensiv sind. Gleichzeitig haben wir in Deutschland hohe Lohnkosten, welche wir dann nicht immer voll auf den Kunden weiter verrechnen können." Zudem mangelt es an Fachkräften: "Es gibt einfach immer weniger Menschen, die sich zum Beispiel noch mit einem Vergaser auskennen", sagt Heinemann.

Daneben stehen gewerbliche Händler in der Gewährleistungspflicht. "Das ist bei Oldtimern sehr riskant", sagt Glinicke. Denn gerade bei alten Autos gibt es nur wenig Gewissheit, ob und wann es Probleme gibt. Beherrschbar werde das Risiko nur mit jahrelanger Erfahrung.

Um die Risiken zu minimieren, rät Heinemann zur Spezialisierung auf bestimmte Marken oder sogar nur bestimmte Modellreihen. "Je mehr Erfahrung man auf einem Feld hat, desto mehr Gespür hat man für die Kostenkalkulation."  Wer neu einsteigt, sollte zudem einen langen Atem mitbringen. "Man muss sich erst im Markt etablieren und Bekanntheit aufbauen. Es dauert etwa vier bis fünf Jahre, bis man Geld verdient."

Danach warten mit dem Oldtimergeschäft selbst zwar keine Rekorderträge, wohl aber erhebliche Synergieeffekte für das übrige Autohausgeschäft. "Oldtimer sind am ehesten unter Cross-Selling-Gesichtspunkten zu betrachten. Wer sich einen Oldtimer leisten kann, ist auch als Neuwagenkunde sehr interessant", fasst Schäfer zusammen.

Ähnlich bei Glinicke: "Viele unserer Neuwagenkunden sind über die Jahre zu Oldtimer-Fahrern geworden. Umgekehrt kommen wir natürlich auch mit Oldtimer-Kunden ins Gespräch über Neuwagen", sagt Florian Glinicke.