Deutschlands größte Handelsgruppe trennte sich im Frühjahr überraschend von den Chefs. Zu den Gründen schweigt Emil Frey offiziell. Die Neuaufstellung lässt Rückschlüsse zu.
Die Emil-Frey-Gruppe gibt ihren Standorten wie in Neu-Ulm künftig mehr Entscheidungsfreiheit und Verantwortung.
Die Emil-Frey-Gruppe treibt die Neuaufstellung voran: Nach den Personalentscheidungen der vergangenen Monate verpasst sich Deutschlands größte Autohausgruppe nun eine neue Führungsstruktur.
"Jeder Markenverantwortliche ist direkt und ohne Zwischenstufen für die Beziehung und die Verhandlungen mit dem Hersteller verantwortlich“, teilt die Emil-Frey-Gruppe ihren Beschäftigten in der aktuellen Ausgabe des Mitarbeitermagazins „Perspektive“ mit, das der Automobilwoche vorliegt.
Damit bekommen die Mitarbeiter mehr Aufgaben und Verantwortung: "Die Markenverantwortlichen und die Standortleiter werden in ihrer Funktion und Verantwortung gegenüber dem Hersteller gestärkt.“
Anfang Juni hat sich die Emil-Frey-Gruppe von Bernhard Linnenschmidt und Donat Pflug getrennt, die bisher für das Einzelhandelsgeschäft in Deutschland verantwortlich waren. Beide waren Jahrzehnte bei der Autohausgruppe tätig. Diese Führungsebene will die Autohausgruppe nun streichen.
Gründe für die Personalentscheidungen hat das Unternehmen nicht genannt. Fehler bei der Fahrzeugbewertung sollen zu einer Schieflage im Einzelhandel geführt haben.
Bereits im März hatte sich das Unternehmen von Wolfgang Kopplin getrennt. Für ihn sucht die Frey-Gruppe noch einen Nachfolger.
Die Aufgaben übernimmt kommissarisch Rudolf Wohlfarth, der bis zu seinem Ruhestand im Juli 2017 Vorsitzender der Geschäftsleitung von Emil Frey Deutschland war. Als Vorsitzender des Aufsichtsrats der Schwabengarage und Beiratsmitglied der Emil Frey Automobil Holding ist er der Autohausgruppe noch eng verbunden.
In der Übergangsphase kehrt er nun ins operative Geschäft zurück, "um die Neuordnung mit seiner langjährigen Erfahrung und seinem tiefen Verständnis für die Emil-Frey-Gruppe aktiv zu begleiten“.
Die Neuaufstellung hat nicht nur externe Konsequenzen in der Zusammenarbeit mit den Fabrikaten, sondern auch interne. Der Wegfall der Managementebene führt zu kürzeren Wegen.
"Durch die Fokussierung auf die einzelnen Marken im Retailbereich und die direkte Anbindung an den Länderchef können notwendige Entscheidungen schneller getroffen werden“, heißt es in dem internen Magazin.
Durch die kürzeren Verantwortungs- und Kommunikationswege verspricht sich das Unternehmen eine "größere Nähe zu den Bedürfnissen der operativen Einheiten – den Autohäusern an vorderster Front“. Zudem will das Autohaus den Regionen mehr Kompetenzen und Unabhängigkeit in operativen Entscheidungen übertragen.
Die Neuverteilung der Verantwortung und Entscheidungsbefugnissen ist nur eine Seite, der Kontrolle die andere. Durch die enge Zusammenarbeit verschiedener Abteilungen soll ein Frühwarnsystem entstehen. So sollen falsche Entwicklungen frühzeitig erkannt werden.
"Um Kumulationen von negativen Entwicklungen oder Risiken frühzeitig zu erkennen und die notwendigen Maßnahmen einzuleiten, wird eine enge Zusammenarbeit und Abstimmung mit den zentralen Diensten der FSD (Frey Services Deutschland, a.d.R.), dem Controlling, der Finanzabteilung, der Rechtsabteilung und der Personalabteilung durchgesetzt", so das Unternehmen.
Die Emil-Frey-Gruppe ist Europas größter Autohändler und mit mehr als 100 Standorten die Nummer eins auf dem deutschen Markt. Im Jahr 2023 verkaufte sie allein in Deutschland knapp 110.000 Fahrzeuge, davon waren rund 70.000 Neuwagen und etwa 40.000 Gebrauchte.
Zudem ist Emil Frey in Deutschland als Importeur für die Marken Mitsubishi, Subaru und Great Wall Motor aktiv. Teilehandel und Services runden das Angebot ab.
Insgesamt erzielte die Gruppe im Jahr 2023 gemäß den Angaben im Unternehmensregister einen Umsatz von rund 4,3 Milliarden Euro. Der Gewinn lag mit 1,3 Prozent (EBIT-Marge).
