Kia geht für seine Zukunft in Deutschland zwei große Wetten ein

Eigentlich wollte Kia das etwas verkorkste Jahr 2024 mit nur 68.700 Neuzulassungen hinter sich lassen, doch dann blieb auch das erste Quartal 2025 unter den Erwartungen. Statt der monatlich rund 5.800 Autos, die für das moderate Jahresziel von 70.000 Autos rechnerisch notwendig gewesen wären, waren es jeweils unter 5.000. "Wir sind 2025 noch nicht ganz auf Kurs", bekennt Deutschland-Geschäftsführer Thomas Djuren. Er sei aber zuversichtlich, die Ziele für 2025 noch zu erreichen. Und tatsächlich bekommt Kia seine Baustellen zusehends in den Griff.

Das gilt nicht nur für den Absatz, der auch dank eines Verkaufsprogramms für die Volumenmodelle Ceed und Sportage wieder anzieht (April: 6.000 Neuzulassungen), sondern auch im Hinblick auf das Händlernetz und die Kundenzufriedenheit. Letztere litt zuletzt unter einem Rückruf für den elektrischen EV6. Durch ein fehlerhaftes Steuergerät (ICCU) konnte es passieren, dass Autos liegenblieben.

Laut Kraftfahrt Bundesamt waren allein in Deutschland mehr als 19.000 Fahrzeuge von dem Problem betroffen. Weil neue Steuergeräte kaum lieferbar waren, stapelten sich Händlern zufolge teilweise mehr als zehn defekte EV6 auf den Höfen der Kia-Partner – verärgerte Kunden inklusive.

Verschärft wurde das Problem durch eine Umstrukturierung im Vertriebs- und Servicenetz, bei dem beinahe jeder vierte Vertriebspartner das Netz verließ. Gab es Anfang 2024 noch 390 Kia-Autohäuser sind es laut Kia derzeit noch 300. 

Die Folge: Viel Arbeit für wenig Werkstätten. "Die verbleibenden Kia-Händler und Service-Partner sind derart überlastet, dass wir Kunden wegschicken müssen", sagt ein Kia-Partner, der anonym bleiben will. "Wir haben im Servicenetz eine Herausforderung. Wir haben zu wenig Servicebetriebe und die bestehenden Partner haben gleichzeitig oft zu geringe Kapazitäten", bestätigt Djuren.

Doch nun gibt es einerseits die lang ersehnten Steuergeräte – Mitte Mai seien die Probleme endgültig gelöst, so Djuren – andererseits schließen sich zusehends die Lücken im Vertriebs- und Servicenetz. Die Service-Wartezeiten hätten sich zuletzt gebessert, der Flaschenhals löse sich auf, bestätigt ein großer Kia-Partner.

Dabei setzt Kia vor allem auf große Händler, die mehrere Betriebe übernehmen. Mitte Mai startete die Levy Gruppe mit einem 16.000 Quadratmeter großen Standort in den Vertrieb der koreanischen Marke. Kurz zuvor erweiterte die Procar-Gruppe ihr Kia-Geschäft auf nunmehr sechs Standorte. 

Davor wiederum nahmen die Alphartis Gruppe oder die Kunzmann Gruppe Kia auf. "Vor allem große Autohausgruppen diversifizieren mit zusätzlichen etablierten Marken ihre Risiken und besetzen für Kia die noch vorhandenen ‚Open Points‘", so Djuren.

Das Thema werde Kia aber noch eine Weile beschäftigen. Langfristiges Ziel ist, von derzeit 300 Vertriebs-Standorten wieder auf 380 zu kommen – allerdings ohne, dass dabei die Zahl der Händler steigt. Mittelfristig würden es möglicherweise eher weniger als die derzeit 211 werden, meint Djuren (2023: 270). 

Die 380 Standorte sind zugleich eine Wette auf die Zukunft, denn zugrunde liegt ein geplantes Verkaufsvolumen von 100.000 Autos, bis 2027 oder 2028.  

Gelingen soll das maßgeblich auch durch den Einstieg ins Nutzfahrzeuggeschäft im Mai – eine weitere Wette, denn Kia bringt beginnend mit dem PV5 ausschließlich elektrische Fahrzeuge. "Es gibt derzeit noch keinen wirklichen Markt für elektrische Nutzfahrzeuge. Dieser entwickelt sich gerade", sagt Djuren. 

Die Fahrzeuge kämen insofern "zur rechten Zeit", wo Nachfrage und Markt stark wüchsen. Beginnend mit dem PV5 sowie den später folgenden PV7 (2027) und PV9 (2029) plant Kia derzeit drei Modellreihen.

Einen Nutzfahrzeug-Vertrag sollen zunächst nur Kia-Partner erhalten. Derzeit lägen 36 unterschriebene Verträge vor, weitere sollen folgen, so dass es bis Ende Mai 70 Nutzfahrzeug-Standorte gibt. Zum Jahresende soll die Zahl auf 100 steigen, langfristiges Ziel sind 180. 

Hoffnungen auf Verbrenner-Transporter, die es in anderen Märkten durchaus gibt, erteilt Kia eine Absage. "Wir sehen keine Chancen im Geschäft mit herkömmlichen Transportern", sagt Djuren. Der Markt hierfür sei verteilt und der Wettbewerb intensiv. Zudem gebe es mit dem faktischen Verbrenner-Aus 2035 eine klare Deadline.