Stuttgart. Die Versuchung, den Gewinn aufzuhübschen, ist für Unternehmen in schwierigen Zeiten groß. Spielräume dafür bietet das Bilanzrecht zuhauf. Eine Möglichkeit, die durch die Umstellung vom Handelsgesetzbuch auf die Internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS) stärker in den Blickpunkt rückt, ist die Aktivierung von Entwicklungsleistungen.
Vereinfacht gesagt, bucht das Unternehmen den Aufwand, der für die Entwicklung neuer Produkte entsteht, nicht in die Gewinn- und Verlustrechnung, sondern führt die Ergebnisse der Entwicklung als einen immateriellen Vermögenswert in der Bilanz. Folge: Im betroffenen Geschäftsjahr steigt automatisch der Gewinn an. Allerdings muss der bilanzierte Vermögenswert, zum Beispiel die Entwicklungskosten für ein neues Automodell, über die Lebensdauer des Fahrzeugs wieder abgeschrieben werden, was den Gewinn in diesen Jahren dann wieder drückt. Theoretisch schreiben die IFRS die Aktivierung von Entwicklungsleistungen zwingend vor, sobald ein Produkt serienreif ist. Der Forschungsaufwand muss hingegen direkt ergebnismindernd verbucht werden. In der Praxis lässt das Bilanzrecht aber viele Spielräume offen, sodass die Unternehmen in Absprache mit den Wirtschaftsprüfern eine bestimmte Quote der gesamten Entwicklungsleistungen quasi frei festlegen können.
Von den deutschen Autoherstellern haben in den vergangenen sieben Jahren vor allem VW und die Premiumtochter Audi hohe Aktivierungsquoten verzeichnet. Auch BMW hat im Jahr 2006 fast die Hälfte des Forschungs- und Entwicklungsaufwands aktiviert. "In den letzten Jahren sind die Aktivierungsquoten immer dann gestiegen, wenn die Erträge schwächer ausgefallen sind", kommentiert Autoanalyst Georg Stürzer von Unicredito. Dabei spiele aber auch eine Rolle, wie viele Innovationen ein Autohersteller in der Pipeline habe. Somit ist eine hohe Aktivierungsquote umgekehrt auch ein Indiz dafür, dass ein Unternehmen viele neue Produkte und damit künftige Renditebringer in der Entwicklung hat.
Während BMW das Technologiepakt "Efficient Dynamics" quasi serienreif entwickelt hat, will Konkurrent Daimler den Etat für Forschung und Entwicklung sparsamer Antriebe in den kommenden Jahren deutlich aufstocken. Entsprechend ist damit auch die Aktivierungsquote auf 24 Prozent im Jahr 2007 angestiegen. Stürzer schätzt, dass sich die Quoten im Schnitt bei rund 30 Prozent einpendeln. Am Konservativsten bucht Sportwagenhersteller Porsche: Im vergangenen Geschäftsjahr wurden nur 5,2 Prozent aktiviert, was auch mit der Gewinnexplosion durch die VW-Beteiligung zu tun haben dürfte.