Frankfurt/Main. In den vergangenen Jahren trat die Fonds-Tochter der Deutschen Bank auf der Hauptversammlung als scharfer Daimler-Kritiker auf. Auf der diesjährigen HV am 9. April gibt es hierzu kaum Anlass, sagte DWS-Fondsmanager Henning Gebhardt im Interview mit der Automobilwoche.
"Investoren erwarten vor allem Stabilität"
Wir haben bereits auf der Hauptversammlung 2007 gesagt, dass Spätzle und Burger nicht zusammenpassen. Deshalb war die Trennung von Chrysler der richtige Schritt. Außerdem hat sich das operative Geschäft in den verbliebenen Sparten erheblich verbessert - nicht zuletzt bei Mercedes und den Lkw. Vieles, was wir teilweise seit Jahren gefordert haben, wurde von Daimler angepackt. Außerdem wurde mit einem Aktienrückkaufprogramm und Dividendenerhöhung ein sehr Kapitalmarkt-freundlicher Weg eingeschlagen. Deshalb kann man mit der Arbeit von Herrn Zetsche zufrieden sein. Das hat die Aktien-Entwicklung ja auch gezeigt.
Nachdem das Unternehmen in der Vergangenheit häufig die Anleger enttäuscht hat, muss es vor allem Stabilität zeigen. Es würde den Kapitalmarkt schon sehr freuen, wenn er darauf vertrauen könnte, dass die kommunizierten Ziele tatsächlich erreicht werden. Darüber hinaus muss der Konzern beweisen, dass ein hohes Profitabilitätsniveau auch in wirtschaftlich schwierigen Phasen wie derzeit gehalten werden kann. Wenn es Daimler dann noch schafft, zusätzlich Wachstum zu erwirtschaften, sind wesentliche Voraussetzungen für eine höhere Bewertung an der Börse gegeben.
Solange die Erweiterung sinnvoll ist, wird sie von Anlegern auch honoriert werden. Die Frage ist, wie groß das daraus entstehende Geschäftspotenzial ist. Man darf sich aber nicht verzetteln.
Die falschen strategischen Weichenstellungen in der Vergangenheit belasten noch heute die Aktie. Sollten die Aktionäre befürchten, dass im Zuge einer Expansion wieder Kühlschränke verkauft werden sollen, würden sie sehr verschnupft reagieren. Wir als Investor wünschen keinen Strategiewechsel mit Aktivitäten in fremden Geschäftsfeldern, sondern dass sich das Unternehmen auf die Kernkompetenzen fokussiert.
Als Luxusmarke mit einer hervorragenden Positionierung dürfte es für Mercedes noch genügend Chancen in aufstrebenden Schwellenländern geben. Das gilt auch für die Lkw. Bevor dieses Potenzial nicht ausgeschöpft ist, braucht sich Daimler unserer Ansicht nach keine anderen Gedanken zu machen.
Der beste Schutz vor einer Übernahme ist immer noch eine sehr gute operative Leistung. Ein Unternehmen, das gut geführt wird, überdurchschnittlich profitabel ist und darüber hinaus wächst, ist oft hoch bewertet und somit nicht einfach zu übernehmen. Unserer Ansicht nach ist Daimler nicht akut gefährdet, dafür spricht auch die hohe Marktkapitalisierung.
Das Interview führte Matthias Krust