Stuttgart. Autohersteller sind noch immer zu stark auf die Produktion und den Neuwagenabsatz fokussiert, obwohl zwischen 80 und 90 Prozent der Gewinne in den Bereichen Handel, Aftersales und Finanzdienstleistungen erzielt werden. Mercedes-Vertriebschef Klaus Maier erklärt, welche Pläne sein Unternehmen hat.
"Nicht nur der Fahrzeugabsatz zählt"
Das Thema Wachstum wird häufig nur auf den Neufahrzeugabsatz reduziert. Das wichtigste Kriterium bei uns ist aber der Umsatz. Im vergangenen Jahr haben unsere Erlöse um drei Prozent zugelegt. Dazu hat auch das Downstream-Geschäft beigetragen.
Im Downstream haben wir noch lange nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft. Es ist das klare Ziel, dieses Geschäft auszuweiten.
Was uns interessiert, ist der Kundenwert über die Nutzungszeit des Autos. Darunter ist der gesamte Umsatz zu verstehen, den ein Autohersteller mit einem Kunden erzielen kann. Das fängt beim Neuwagenverkauf mit einem Leasing- oder Finanzierungsvertrag an, geht über die Serviceintervalle bis zur Rücknahme des Fahrzeugs. Da haben wir noch Potenzial.
Ende 2007 hatte Daimler Financial Services 2,3 Millionen finanzierte und verleaste Fahrzeuge im Bestand. Damit wird heute mehr als jedes dritte Fahrzeug aus dem Konzern finanziert oder verleast. Wir sehen hier durchaus noch Potenzial, wobei wir aber immer eine gesunde Relation zwischen den Kreditrisiken und der Absatzförderung anstreben. Attraktiv ist das Leasing auch deshalb, weil man den Kunden vor Ablauf des Vertrags wieder gezielt ansprechen kann, um ihn an die Marke zu binden. Bei den Versicherungen liegen wir noch unter der Finanzierungsquote. Wir planen aber, in den nächsten Jahren kräftig zuzulegen.
Das Remarketing von jungen Gebrauchten ist tatsächlich ein Thema, das stark an Bedeutung gewinnt. Wir sind schon sehr professionell aufgestellt und verfügen auf der Großhandelsebene über hervorragende Werkzeuge. In den letzten zwei Jahren haben wir die Drehscheibe internationalisiert. Wir können aber auf der Händlerebene noch besser werden. Mit den vergleichsweise günstigen jungen Gebrauchten hat Mercedes-Benz die Chance, neue und vor allem jüngere Kunden für die Marke zu gewinnen. Deshalb wollen wir das Gebrauchtwagengeschäft weltweit deutlich stärker ausbauen.
Im vergangenen Jahr haben wir deutliche Erfolge verzeichnet und mit vielen Geschäftskunden Rahmenverträge abgeschlossen. Das ist allerdings nur ein erster Schritt, denn damit ist nur die Plattform festgelegt und noch kein Auto verkauft.
Der Ausbau unserer Flottenaktivitäten hat Früchte getragen: Nach erfolgreichem Aufbau von Strukturen und Prozessen auf allen Vertriebsstufen und der Einrichtung von über 100 Flottenzentren in ganz Europa haben wir auf internationalem Niveau eine Absatzsteigerung gegenüber dem Vorjahr erzielt. Dies wird uns auch beispielsweise durch sehr positive Reaktionen unserer großen internationalen Firmenkunden bestätigt. Im Jahr 2008 werden wir diesen Weg konsequent fortsetzen. Über die Schaffung einer geeigneten Organisation hinaus gibt es allerdings noch eine weitere wichtige Verbesserung.
Inzwischen ist die Zielgröße "Total Cost of Ownership" bereits bei der Produktentwicklung im Lastenheft enthalten. Das bedeutet, dass wir schon in der Entwicklung beispielsweise die spätere Leasingrate vorgeben. Bei Flottenkunden ist das ein wichtiges Kriterium. Es geht also nicht um den Neuwagenpreis, sondern um die Frage, was das Fahrzeug mit Wartung, Versicherung usw. den Kunden über die Nutzungsdauer kostet.
Das Flottengeschäft wie wir es verstehen, also das Geschäft mit gewerblichen Kunden, ist für uns profitabel, auch wenn dabei im Gegensatz zum Privatverkauf Mengenrabatte und Sonderkonditionen eine andere Rolle spielen. Aber natürlich muss man auch hier wieder den Wertbeitrag des Kunden über die gesamte Nutzungszeit sehen.
Das Interview führte Matthias Krust