Stuttgart. Die Pflege der eigenen Marke ist für Autohersteller wichtiger denn je. Automobilwoche sprach mit dem Marketing-Experten Adel Gelbert von BBDO Consulting über künftige Herausforderungen.
"Markenstärke ist beste Waffe"
Die große Herausforderung dabei ist, dass die Kunden das Markenversprechen bei Themen jenseits des Fahrzeugs erleben müssen. Das bedeutet etwa, dass Audi "Vorsprung durch Technik" im Aftersales oder in der Finanzierung realisieren muss. Die Markenwerte glaubwürdig über den ganzen Wertschöpfungsprozess sicherzustellen, ist eine wichtige Managementaufgabe.
Die beste Waffe zur Verteidigung des Downstreamgeschäfts ist die eigene Markenstärke. Allerdings fokussieren sich die Hersteller nach wie vor sehr stark auf das Fahrzeug. Sie sollten vielmehr über Innovationen im Service nachdenken und dies auch nach außen kommunizieren. Das sehen wir so gut wie gar nicht. Meiner Ansicht nach wird es aber schon bald ein Umdenken geben.
Die Attraktivität und Zugkraft einer Marke auf andere Bereiche zu übertragen, birgt in der Tat die Chance, sich neue Einnahmequellen zu erschließen. Dabei besteht aber auch das Risiko, dass man die Marke verwässert oder sogar ernsthaft beschädigt. Die deutschen Marken Audi, BMW, Mercedes-Benz und VW sind aufgrund ihrer weltweiten Stärke grundsätzlich dafür geeignet. Es muss aber einen Bezug zu dem geben, was die Marke ausmacht. Wenn ein Hersteller unter seiner Marke etwa eine Geländewagentour durch die Wüste anbietet, ist der Bezug hergestellt. Bei einer Eifelwanderung wäre das nicht der Fall. Auch die Ausweitung des Accessoire-Geschäfts ist eine Möglichkeit, wie Designkompetenz aus dem Automobil übertragen werden kann.
Angesichts der fortschreitenden Urbanisierung und der Entstehung von Mega-Citys ist es sicher richtig, zu überlegen, wie man darauf mit neuen Fahrzeugkonzepten reagieren kann. Meiner Ansicht nach braucht man, um das Segment zu besetzen, aber nicht zwingend eine eigene Marke. Wenn man das will, sollte diese Marke auf jeden Fall ein konsistentes und genau definiertes Versprechen abgeben und deutlich genug weg von der Kernmarke sein. Dafür ist der Smart das beste Beispiel im Markt.
In der Tat ist der Klimaschutz lange Zeit unterschätzt worden. Gerade für die Premiumhersteller kommt es nun darauf an, dass sie den Anspruch auf Innovationsführerschaft aus dem bestehenden Markenkern auf sparsame und intelligente Verbrauchskonzepte übertragen. Sowohl bei Audi, BMW und Mercedes-Benz als auch bei VW lässt sich das Markenversprechen problemlos auf den Umweltschutz anwenden. Dann werden auch leistungsstarke Fahrzeuge weiter ihre Käufer finden.
Solange das unter der Kernmarke passiert und diese Labels für bestimmte Zusatzmerkmale stehen, durch die sich diese Modelle von den anderen unterscheiden, kann das sinnvoll sein. Die Fahrzeuge müssen aber alles leisten, was die Marke verspricht. Eine eigene Modellreihe, die vom Markenkern komplett abgesetzt ist, dürfte wenig erfolgversprechend sein.
Das Interview führte Matthias Krust