Stuttgart. Die Verlegung des Daimler-Konzernsitzes in einer Nacht-und-Nebel-Aktion erweist sich im Nachhinein als teure Symbolik. Nachdem das Topmanagement des Autoherstellers erst im Mai 2006 das Verwaltungshochhaus in Stuttgart-Untertürkheim bezogen hatte, stellte sich nun heraus, dass das 13-stöckige Gebäude aus dem Jahr 1958 vollständig abgerissen werden muss. „Eine Machbarkeitsstudie hat ergeben, dass wir auch bei einer Komplettsanierung kein zeitgemäßes Gebäude erhalten hätten", so eine Unternehmenssprecherin. Auch unter Kostenaspekten biete die Sanierung keinen Vorteil. Der Abriss solle im kommenden Jahr beginnen. Bei optimalem Bauverlauf werde der Neubau 2012 bezugsfertig sein.
Anfang 2006 hatte der neue Vorstandsvorsitzende Dieter Zetsche nach kaum vier Wochen im Amt ein Ausrufezeichen an die eigenen Manager und Mitarbeiter gesandt: Der Vorstand sollte den repräsentativen Konzernsitz in Stuttgart-Möhringen, der 1990 bezogen worden war, räumen und möglichst schnell ins Stammwerk Untertürkheim umziehen.
„Where the Action is"
Zetsche hatte eine gewisse Abgehobenheit im damals mit vielen wirtschaftlichen Schwierigkeiten kämpfenden Autokonzern ausgemacht. Diese wollte er mit der Nähe zum Produkt und zur Fertigung beenden. Die Verwaltung sollte dort sein, „where the Action is", so Zetsche damals. Untertürkheim ist die Keimzelle des Konzerns und war 32 Jahre lang Unternehmenssitz. Heute werden dort Motoren, Getriebe und Achsen für Mercedes-Benz-Pkw gefertigt. Eine Rückverlegung des Konzernsitzes in die moderne Campus-Anlage Stuttgart-Möhringen - intern auch ironisch „Bad Möhringen" genannt - kommt indes nicht in Betracht. „Die Unternehmenßentrale soll in Untertürkheim bleiben. Wo genau das neue Verwaltungsgebäude errichtet wird, ist noch offen", stellte die Sprecherin klar. Mit der neuen Zentrale wolle Daimler „hohe ökologische Standards" setzen. So solle die Energieeffizienz und die Flächenwirtschaftlichkeit gegenüber dem heutigen Hochhaus deutlich verbessert werden. Außerdem könne dann moderne Büro- und Kommunikationstechnik installiert werden.
Kosten kein Problem
Bis zur Fertigstellung wird der Vorstand mitsamt 400 Mitarbeitern in einen benachbarten Bürokomplex ziehen, der zurzeit an der Stelle des alten Museums auf dem Werksgelände gebaut wird und in Kürze bezugsfertig sein soll. Die Finanzabteilung, die ursprünglich dieses Gebäude hätte beziehen sollen, muss wohl bis mindestens 2012 in Möhringen bleiben. Zu den möglichen Kosten des Neubaus wollte sich die Sprecherin noch nicht äußern. Nachdem die Trennung von der hoch defizitären US-Tochter Chrysler Milliarden in die Kassen der neuen Daimler AG gespült hat, dürften die Baukosten indes kaum ein Problem darstellen. Ende des ersten Quartals verfügte der Konzern im Industriegeschäft über eine Nettoliquidität von 11,7 Milliarden Euro. Es ist erklärtes Ziel von Daimler, diese Mittel zu reinvestieren.