Stuttgart. Mercedes-Benz will den Flottenverbrauch in Europa deutlich senken und erweitert deshalb in jeder Baureihe das Angebot um besonders sparsame Modelle. Entwicklungsvorstand Thomas Weber erklärt im Interview mit der Automobilwoche die sogenannte BlueEfficiency-Strategie.
"Mehrpreis hängt vom Markt ab"
Zunächst ist wichtig, dass wir in allen Baureihen zusätzlich zu den herkömmlichen Fahrzeugen BlueEfficiency-Modelle anbieten wollen - und zwar von der A-Klasse bis zur S-Klasse. Dieses Ziel wollen wir innerhalb der nächsten zwölf Monate umgesetzt haben. Begonnen haben wir mit der C-Klasse, weil der C180 Kompressor und der C200 CDI rund 20 Prozent des Volumens der gesamten Baureihe ausmachen und wir so schnell in die Breite kommen und den Flottenverbrauch zusätzlich senken können.
Im Sommer bringen wir im Rahmen der Modellpflege der A- und B-Klasse zwei zusätzliche sparsame Volumenmodelle auf den Markt. Wenn man das A-Klasse- Coupé einrechnet, sind es sogar drei. Danach folgen die anderen Baureihen bis hin zur S-Klasse. In der E-Klasse kommen die BlueEfficiency-Versionen sinnvollerweise mit dem Modellwechsel Anfang 2009. Das ist keine Kostenfrage, vielmehr müssen wir bei 20 zusätzlichen Modellen allein in diesem Jahr unsere Entwicklungsressourcen effizient einsetzen.
Es muss unser Anspruch sein, möglichst schnell viele solcher Fahrzeuge auf die Straße zu bekommen. Wenn wir in Europa im Jahr rund 700.000 Autos verkaufen, dann sollte dabei eine sechsstellige Zahl auf BlueEfficiency-Modelle entfallen. Bei der C-Klasse haben wir ein Volumen von
20 Prozent adressiert, das sollten wir in einzelnen Märkten auch erreichen.
Es ist richtig, dass sich über den Preis das Absatzvolumen direkt steuern lässt. Grundsätzlich wollen wir den Mehrpreis so gering wie möglich halten. Wir glauben aber auch, dass der Kunde bereit ist, für eine Technik, die Mehrwert bietet, auch einen geringen Aufpreis zu bezahlen. Bei der C-Klasse etwa reden wir über einen Aufschlag von etwa 350 bis 400 Euro. Bei einer Kraftstoffeinsparung von bis zu zwölf Prozent amortisiert sich das schnell.
Wir haben bisher bewusst keine Festlegung über alle Baureihen hinweg getroffen. Zunächst wollen wir mit der C-Klasse Erfahrung sammeln und uns verschiedene Optionen offenhalten. Generell werden die Preisbausteine auf der einen Seite von den technischen Maßnahmen zur Verbrauchssenkung abhängen, die je nach Fahrzeugbaureihe ganz unterschiedlich sein können. Auf der anderen Seite werden wir die neuen Modelle je nach Land und den dortigen Wettbewerbs- und Rahmenbedingungen anbieten.
Zunächst lautet die klare Botschaft, dass wir mit diesen Fahrzeugen nicht zusätzlich Geld verdienen wollen. Für uns geht es darum, Anreize zu schaffen und effiziente Verbrauchstechnologien in den Markt zu bekommen.
Wichtig ist, dass wir mit den Maßnahmen die genannte Einsparung im realen Verkehrsgeschehen erreichen und nicht nur bei der Zertifizierung. Bei den angepeilten Volumen kommen schnell signifikante Größenordungen zusammen. Ich denke, dass diese Maßnahmen das Potenzial haben, rund zehn Gramm CO2 in der Flotte einzusparen.
Für uns ist Europa die Speerspitze. Wir stellen uns darauf ein, dass die BlueEfficiency-Technologie aufgrund neuer Vorschriften in nicht allzu ferner Zeit auch im Rest der Welt ein Thema werden wird - nicht zuletzt in den USA.
Das Interview führte Matthias Krust