Stuttgart. Mercedes favorisiert bei der Suche nach einem zusätzlichen Produktionsstandort für die Nachfolgegeneration der A- und B-Klasse Rumänien. Alternativ dazu wird ein Werksbau in Polen geprüft. "Die Waagschale neigt sich eher in Richtung Rumänien", so die Einschätzung eines Insiders. Der gesamte Business Case werde "hochgradig kontrovers" diskutiert.
Weil die neuen Kleinwagen schon 2011 auf den Markt kommen sollen und damit ehrgeizige Ziele verbunden sind, ist die Entscheidung über das künftige Produktkonzept und die möglichen Fertigungsstandorte das derzeit heißeste Thema bei Mercedes. Die neue Generation soll nicht nur den Absatz im Kernmarkt Westeuropa, sondern auch in Schwellenländern in Schwung bringen. Gleichzeitig soll sie helfen, die CO2-Ziele zu erreichen. Drittes wichtiges Ziel: Mercedes will endlich auch mit den kleinen Modellen eine Premium-Rendite erzielen. Um alle Vorgaben zu erreichen, müssen die Kosten drastisch verringert werden. Deshalb wird die Nachfolgegeneration wahrscheinlich auf einer komplett neuen Frontantriebsplattform aufbauen.
Das teure Sandwichkonzept dient dann nur noch als Basis für Brennstoffzellenfahrzeuge. Außerdem plant Mercedes einen kostengünstigen Standort in Osteuropa zusätzlich zum Werk Rastatt, das ausgebaut werden soll. Die neue Fertigung könnte im Industriepark Tetarom III der rumänischen Kommune Jucu liegen. Dorthin will der finnische Handyhersteller Nokia die bisher in Bochum angesiedelte Produktion verlagern. Der Bürgermeister der rund 20 Kilometer entfernten Stadt Cluj hat Gespräche mit Mercedes bestätigt. Zu den möglichen Kapazitäten gibt es noch widersprüchliche Spekulationen: Während in Rumänien 350.000 Einheiten kursieren, werden im Mercedes-Umfeld 70.000 bis 130.000 Fahrzeuge genannt.
Für Rumänien sprechen Experten zufolge Arbeitskosten von rund 3,23 Euro pro Stunde. In Polen liegen diese bei sechs Euro und in Deutschland über 42 Euro. Auf der anderen Seite schlagen im Vergleich zu Polen aufgrund der schlechteren Infrastruktur deutlich höhere Logistikkosten zu Buche. Außerdem ist in Polen der Ausbildungsstand höher. Während Polen als Automobilstandort etabliert ist, könnte Rumänien besonders motiviert sein, diese Industrie anzusiedeln. So sollen weitere Hersteller bereits Interesse angemeldet haben.