Turin. Während Fiat im angestammten europäischen Geschäft trotz zuletzt guter Absatzerfolge noch nicht über den Berg ist, hat Konzernchef Sergio Marchionne bereits die nächsten Ziele im Visier: Er liebäugelt damit, den US-Markt für Pkw und Nutzfahrzeuge zu erschließen. „Ich kann mir vorstellen, dass der Fiat 500 in den USA ein Erfolg wird", so der Manager auf dem Kongress von Automotive News Europe in Turin.
„Diesen Markt können wir nicht ignorieren", sagte Marchionne. Dabei komme es aber auf die richtige Positionierung der Marke an. Kein Problem sei der Aufbau eines Händlernetzes mit rund 100 Partnern. Dass die Marke Alfa Romeo Ende 2009 nach 14 Jahren wieder in den USA angeboten wird, ist bereits beschlossen. Darüber hinaus erwägen die Turiner, den kultigen Fiat-Kleinwagen 500 ebenfalls dort einzuführen und dann als komplette Familie inklusive Kombi und SUV-Version anzubieten. Dabei hat Marchionne den Erfolg des Mini vor Augen, den BMW im vergangenen Jahr 42.000 US-Kunden verkauft hat.
Der Stuttgarter Autohersteller Daimler hofft beim zweisitzigen Smart, der zu Jahresbeginn erstmals auf den US-Markt kam, auf einen Jahresabsatz von 30.000 Einheiten. Beide Fahrzeuge sind als sogenannte Lifestyle-Fahrzeuge positioniert, die von einer „hippen" und wohlhabenden Klientel gekauft werden sollen, nicht aber für das US-Massengeschäft taugen. „Bei den Stückzahlen müsste sich Fiat eher am Smart als an Mini orientieren", so die Einschätzung von Marktanalyst Christoph Stürmer vom Prognoseinstitut Global Insight. Denn die Marke Fiat ist in den USA bisher nicht präsent und anders als etwa Alfa Romeo auch kaum bekannt.
Zwar ist offiziell noch keine Entscheidung gefallen, Fiat denkt aber bei der Planung eines Alfa-Produktionsstandorts im Dollar-Raum bereits über entsprechende Kapazitäten auch für Fiat nach. Aktuell scheint Mexiko als Standort favorisiert zu werden, weil Marchionne den Aufbau zusätzlicher Kapazitäten für den wichtigen südamerikanischen Markt als notwendig erachtet.
Außerdem führt Fiat Gespräche mit dem US-Hersteller Chrysler. Branchenkreisen zufolge soll es dabei nicht nur um Produktionskapazitäten gehen, sondern auch um eine mögliche Kooperation bei Heckantriebsplattformen, über die Alfa derzeit nicht verfügt. Eine weitere Option wäre die Zusammenarbeit mit Jaguar und Land Rover, die vor Kurzem vom indischen Autohersteller Tata gekauft wurden. Bereits jetzt gibt es diverse gemeinsame Projekte. Alternativ dazu sei die Entwicklung einer eigenen Heckantriebsarchitektur für Alfa Romeo, Lancia und Maserati möglich, so Fiat-Entwicklungschef Harald Wester kürzlich in einem Interview.
Auch im Nutzfahrzeuggeschäft plant Fiat mit der Marke Iveco den Einstieg in den USA. Immerhin kann der Konzern dabei auf das Vertriebsnetz des etablierten Landmaschinen-Herstellers Case New Holland (CNH) zurückgreifen. Die Fiat-Sparte CNH ist weltweit der zweitgrößte Hersteller von Traktoren und Erntemaschinen.