Kompetenz rauf, Barrieren runter

Sindelfingen. Anstatt regelmäßig teure Expatriates in die Auslandswerke zu schicken, setzt Mercedes-Benz auf die Ausbildung von ausländischen Führungskräften in Deutschland. "Dies ist eine notwendige Investition, um im Ausland langfristig erfolgreich arbeiten zu können“, ist Thomas Schäfer überzeugt. Der Maschinenbauer leitet am Mercedes-Standort Sindelfingen die internationale Produktionsbetreuung und damit auch das sogenannte International Training Program (ITP).

Mercedes baut seit über 50 Jahren Pkw und Lkw im Ausland. Derzeit verfügen die Stuttgarter über das SUV-Werk in Tuscaloosa/ Alabama, die C-Klasse-Montage in Südafrika und die Fertigung des C-Klasse Sport Coupé in Brasilien. Diese Fabriken sind als Vollwerke für die komplette Produktionssteuerung und Fertigung verantwortlich. Daneben gibt es acht CKD-Standorte in Asien und dem Nahen Osten, wo Bausätze montiert werden. "Damit in allen Werken die gleiche Qualität wie in Deutschland produziert wird, brauchen wir identische Standards und Prozesse“, so Schäfer, der selbst mehrere Jahre in Südafrika und Malaysia tätig war. Dies könne mit einer guten Ausbildung von einheimischen Fachkräften besser erreicht werden als mit deutschen "Missionaren“, die auch noch viel Geld kosteten.

Seit dem Start des in der Regel sechs Monate dauernden Trainingsprogramms im Jahr 1997 wurde es von 170 Mitarbeitern durchlaufen. Teilnehmen können Fachkräfte aus der Produktion und Produktionsplanung sowie der Qualitätssicherung und der Logistik, die bereits in einer Managementposition sind oder das Potenzial dazu haben. "Entscheidend ist, dass die Mitarbeiter eine individuelle Schulung für ihr Einsatzgebiet erhalten“, charakterisiert Ausbildungsleiter Karl-Heinz Schweizer das Programm. Zunächst erhalten die Trainees bei einem Rundlauf durch alle relevanten Funktionen im Sindelfinger Pkw-Werk einen Einblick in wichtige Standards wie das Mercedes-Produktionssystem sowie die geltenden Qualitätsanforderungen.

"Danach werden die Teilnehmer ihren Ansprechpartnern in Sindelfingen zugeteilt, mit denen sie auch später im Ausland wieder zusammenarbeiten“, sagt Schweizer. Die Teilnehmer arbeiten also bei konkreten Projekten mit und lernen so nicht nur fachlich dazu, sondern werden auch mit der schwäbischen Herangehensweise vertraut. Dadurch entsteht auf der einen Seite mehr Verständnis für die gestellten Anforderungen. Zum anderen verfügen die deutschen Mitarbeiter später über einen Ansprechpartner vor Ort. "Durch das persönliche Kennenlernen werden viele Barrieren abgebaut“, so Schweizers Erfahrung. Dazu tragen auch gemeinsame Freizeitaktivitäten bei.

"Unsere Kollegen hier sind sehr freundlich und kooperativ“, bestätigt Trainee Nontando Skenjana, die in Südafrika für die Materialkontrolle in der Fabrik zuständig ist. Auch der indische Import- und Exportmanager Nitin Kadam, der mit Frau und zwei Kindern angereist ist, zeigt sich überzeugt, dass er wertvolle Erfahrungen bei der Arbeit und in der Freizeit mit nach Hause nimmt. Ein Nachteil hat das Programm allerdings: Die Absolventen sind in ihren Heimatländern heiß begehrt. "Da gibt es häufig Abwerbeversuche mit attraktiven Konditionen“, berichtet Schäfer.