München. Autohersteller versorgen freie Werkstätten noch immer eher stiefmütterlich mit wichtigen Fahrzeugdaten beziehungsweise Diagnosetools – sehr zum eigenen Schaden. "Die Informationsbereitstellung wird vielfach als lästige Pflicht gesehen und erfolgt oft als Sonderprozess. Müssen aber immer mehr Informationen immer schneller bereitgestellt werden, explodieren die Kosten“, so die Erfahrung von Florian Hiesinger vom IT-Beratungshaus Cirquent. Auslöser der Datenflut sind schnellere Modellwechsel, die steigende Zahl von Varianten sowie der höhere Elektronikanteil im Fahrzeug. Während Vertragshändler und -werkstätten deutlich stärker in die IT-Systeme der Hersteller integriert sind, haben freie Werkstätten nur sehr selten direkten Zugang zu notwendigen Daten zur Wartung und Instandsetzung. In der Praxis erfolgt der Datenaustausch häufig durch den Versand von DVDs und CDs. Dagegen lassen sich Hiesinger zufolge "enorme Einsparungen“ durch den Einsatz von Web-Informationsportalen erzielen: "Dabei handelt es sich um kosteneffiziente Lösungen, die sich in der Praxis bestens bewährt haben.“
Ein Web- Portal ist eine Internetseite, auf der zentral alle Daten gesammelt und verwaltet werden. Registrierte Nutzer können sich einloggen und die gewünschten Daten herunterladen. Das System wiederum holt sich die Informationen automatisiert beim Hersteller ab. Ohne jeden manuellen Eingriff lassen sich über Standardschnittstellen aus den aktuellen Produktdatenbanken und den Autorensystemen zur technischen Dokumentation Datensätze übertragen und neue Softwareversionen aus den Entwicklungssystemen herausziehen.
Dass die Hersteller künftig nicht mehr gesetzlich zur Bereitstellung solcher Daten für freie Werkstätten verpflichtet sind, ist nicht zu erwarten. Zwar läuft die aktuelle Kfz-Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) Ende Mai aus. Dennoch dürfte das sogenannte Nichtdiskriminierungsgebot weiterhin Bestand haben. "Eigentlich ist nicht einzusehen, warum bei den Herstellern zwischen freien und markengebundenen Werkstätten unterschieden wird. Informationsportale können alle Informationen zur Verfügung stellen. Was OEM-Mitarbeiter, Vertragshändler, freie Werkstatt oder sogar Endkunde dann im Einzelfall sehen dürfen, ließe sich über Rollen und Zugriffsrechte flexibel konfigurieren“, so Hiesinger. An der Münchner Cirquent GmbH hält der japanische börsennotierte IT-Konzern NTT Data 72,9 und BMW 25,1 Prozent.