Stuttgart. Der überraschend schnelle Aufschwung sorgt für Zündstoff in der deutschen Autoindustrie. Während große Autohersteller und Zulieferer das alte Renditeniveau wieder ins Visier nehmen und die auslaufende Krise zur Rationalisierung nutzen, fühlen sich die Arbeitnehmer zunehmend hintergangen. "Die Autoindustrie hat uns gebraucht, um die Krise zu überleben. Nun wird die gesamte Last des Hochlaufs erneut auf die Beschäftigten abgewälzt. Wir müssen wieder stärker auf Konfrontationskurs gehen,“ forderte Frank Iwer, Tarifsekretär der IG Metall im Bezirk Baden-Württemberg auf einer Veranstaltung der Gewerkschaft. Bis Herbst will die Gewerkschaft ein Konzept dazu ausarbeiten.
In den ersten fünf Monaten des laufenden Jahres stieg die Pkw-Produktion in Deutschland dank hoher Nachfrage aus China und den USA laut VDA um 26 Prozent. Weil die Branche von diesem unverhofften Boom überrascht wurde, müssen die Betriebe nun von der Kurzarbeit in Richtung Vollast fahren. Dabei kommt es der IG Metall zufolge zu großen Verwerfungen: Während in vielen Betrieben noch immer massiv Stellen abgebaut werden, müssen andere im Unternehmen Überstunden schieben. Viele Hersteller beschäftigen im Sommer sogar Ferienarbeiter, um die Auftragsflut zu bewältigen. Ganze Zusatzschichten werden mit Leiharbeitern besetzt.
Weil viele Unternehmen die Krise nutzten, um ihre Produktion neu zu ordnen, Werke auszulasten und günstigere Standorte zu erschließen, sieht der Metaller die gerade in der Krise gelebte Sozialpartnerschaft mit vielen Zugeständnissen der Mitarbeiter gefährdet. "Es kann von der Belegschaft keine dauerhafte Subventionierung der Unternehmen geben,“ so Frank Iwer: "Wenn der steile Aufschwung so weitergeht, müssen wir im tarifpolitischen Bereich über Nachforderungen nachdenken.“