Stuttgart. Die Berufung von Wolfgang Bernhard zum operativen Leiter von Mercedes ist eine weitreichende strategische Weichenstellung. Kurzfristig soll der ehrgeizige Manager für Aufbruchsstimmung in der Pkw-Sparte sorgen und die Produktentwicklung stärker vorantreiben. Auf längere Sicht könnte Bernhard einmal Konzernchef Dieter Zetsche beerben – falls er sich bewährt. Schon 2004 stand Bernhard kurz davor, als Mercedes-Chef in den Daimler-Vorstand einzurücken. Damals hatten die Stuttgarter nicht nur Qualitätsprobleme, sondern auch zu viel Personal an Bord und zu hohe Kosten.
Der promovierte Wirtschaftsingenieur mit MBA-Abschluss ging vorschnell in die Offensive und nannte Mercedes einen Sanierungsfall. Damit verärgerte er den damaligen Daimler-Chef Jürgen Schrempp und die Arbeitnehmervertreter, die ihn noch vor Amtsantritt stürzten. Kurz darauf heuerte Bernhard bei Volkswagen als Chef der Markengruppe VW an. Offenbar hatte er dazugelernt: Auch in Wolfsburg erkannte der ehemalige McKinsey- Berater den Restrukturierungsbedarf. Jetzt baute er – relativ geräuschlos – 20.000 Stellen ab, verschlankte das Unternehmen und legte bei der Produktentwicklung den Schwerpunkt auf die Wirtschaftlichkeit. Zusammen mit dem damaligen VW-Chef Bernd Pischetsrieder legte Bernhard die Grundlagen für den späteren wirtschaftlichen Erfolg.
VW hat es ihm nicht gedankt: Entmachtet schied er Anfang 2007 aus. Bernhard erhält nun bei Daimler die nächste große Chance. Dabei wird ihm enorm viel zugetraut: Mit der Verantwortung für Produktion und Einkauf bei Mercedes übernimmt er formal lediglich die Aufgaben von Rainer Schmückle, der sich selbst ins Abseits manövriert hat. Im Gegensatz zu Schmückle erhält Bernhard aber einen Sitz im Konzernvorstand. Gleichzeitig bleibt er für die Transporter-Sparte verantwortlich. Nach den vielen Sparprogrammen und Restrukturierungsrunden mit dem Abbau Tausender Stellen soll Bernhard nun für mehr Dynamik sorgen, Absatz und Umsatz ankurbeln und damit Mercedes wieder an die Spitze des Premiumsegments führen. Eine wichtige Rolle spielen dabei neue Ideen bei alternativen Antrieben bis hin zum Elektroauto. Bernhards Vorteil: Im Gegensatz zu älteren Führungskräften hat der 49-Jährige die Chance, noch viele Jahre von den heute gelegten Grundlagen zu profitieren. Eine Hypothek ist das nach wie vor große Misstrauen der Daimler- Betriebsräte: Bernhard muss nun Entschlossenheit und Tatkraft demonstrieren, ohne die eigene Belegschaft zu verprellen.