München. Trotz aller Hemmnisse wird sich der russische Automarkt zum größten und wachstumsstärksten Automarkt in Europa entwickeln - zu diesem Ergebnis kommt das Center für Automobil-Management (CAMA) an der Universität Duisburg-Essen. Schon jetzt investieren alle großen Hersteller allein oder in Kooperation mit heimischen Herstellern in Russland. Renault beispielsweise übernimmt die Mehrheit an Russlands größtem Hersteller AvtoVas, Volkswagen erweitert und modernisiert das Werk der GAZ-Gruppe in Nischnij Nowogorod, wo VW- und Skoda-Modelle gebaut werden sollen. Mazda kooperiert mit dem russischen Hersteller Sollers in Wladiwostock.
Die Investitionen in den russischen Markt könnten sich laut CAMA für ausländische Hersteller bezahlt machen. Nach einem starken Einbruch im Jahr 2009 (damals wurden nur noch 1,47 Millionen Autos produziert), wächst der russische Markt Jahr für Jahr. Für 2012 rechnen Experten mit einer Produktion in Höhe von 2,7 Millionen Fahrzeugen. Mit einer Bevölkerung von 142 Millionen Menschen ist der russische Automarkt potenziell sehr groß, zudem ist das Durchschnittsalter der Fahrzeuge sehr hoch. Im Vergleich zu den anderen BRIC-Ländern ist das Durchschnittseinkommen der Russen höher, 2011 lag es bei 12.993 US-Dollar pro Kopf. Laut CAMA präferiert die russische Bevölkerung Autos der Triade, also jene Fahrzeuge, die aus dem Wirtschaftsgeflecht zwischen der EU, den USA und Japan entstammen. Speziell an den russischen Markt angepasste Fahrzeuge, die robust und technologisch hoch entwickelt wären, sind hingegen weniger beliebt. Nach wie vor gilt das Auto in Russland als Statussymbol, dementsprechend korrelieren Fahrzeugklasse und Einkommen. Besonders gern gefahren werden Stufenhecklimousinen und große Geländelimousinen, Kleinwagen und Minifahrzeuge hingegen sind wenig populär. Das größte Segment bildet die Kompaktklasse.Russischer Automarkt weiter auf Wachstumskurs
Dennoch gibt es für ausländische Hersteller auch zahlreiche Risiken auf dem russischen Markt. Es mangelt an einer lokalen Lieferantenbasis, zudem erschweren Korruption, Bürokratie und hohe Arbeitskosten bei geringer Arbeitsproduktivität das tägliche Geschäft. Gut ausgebildete Arbeitskräfte und Spezialkräfte sind Mangelware – so gibt es beispielsweise Automechaniker, aber kaum Kfz-Mechatroniker. Der russische Staat will die Importabhängigkeit verringern und Russland zu einem Nettoexporteur von Fahrzeugen machen. In diesem Zusammenhang nennt CAMA konkrete Zahlen: Bis zum Ende des Jahrzehnts sollen ein Drittel der in Russland hergestellten Fahrzeuge exportiert werden, nur noch maximal zehn Prozent sollen importiert werden. Darüber hinaus gibt es die Vorgabe, dass Hersteller nach einer gewissen Schonfrist mindestens 300.000 Fahrzeuge pro Jahr in Russland bauen - dabei müssen je nach Bauteil bis zu 60 Prozent der Wertschöpfung aus heimischer Produktion kommen. Hinzu kommen Mängel in der Infrastruktur und eine laut CAMA "nicht ganz verlässliche Außenhandels-, insbesondere Zollpolitik des russischen Staates".
Trotz aller Hemmnisse wird sich der russische Automarkt zum größten und wachstumsstärksten Automarkt in Europa entwickeln. 2020 soll die Marktsituation der aus dem Jahr 2008 ähneln - damals wurden 3,26 Millionen Pkw und leichte Nutzfahrzeuge in Russland verkauft. Experten rechnen damit, dass Russland Deutschland bereits 2014 als stückzahlenmäßig größten Automarkt Europas ablösen könnte. (Foto: Jeep)