New Delhi. Die deutsche Automobilindustrie verstärkt ihre Präsenz auf dem Wachstumsmarkt Indien. "Allein der Export deutscher Pkw nach Indien ist 2011 um gut 70 Prozent auf 25.000 Einheiten gestiegen. In den vergangenen sechs Jahren hat sich das Exportvolumen verzehnfacht", sagte Klaus Bräunig, Geschäftsführer des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), auf der Pressekonferenz am Deutschen Gemeinschaftsstand auf der Automobilmesse Auto Expo, die bis 11. Januar 2012 in New Delhi stattfindet.
"Gleichzeitig bauen die deutschen Automobilhersteller ihre Produktion vor Ort konsequent weiter aus“, so Bräunig weiter. Auf dem offiziellen Deutschen Gemeinschaftsstand stellen 36 Zulieferer aus. Diese bislang höchste Beteiligung stellt einen Zuwachs um 80 Prozent dar. Hinzu kommen die Stände der deutschen Automobilhersteller und großen Zulieferer. Insgesamt sind auf der Auto Expo 75 deutsche Unternehmen mit rund 10.000 Quadratmeter Fläche in neun Hallen vertreten. Das entspricht einem Fünftel der gesamten Ausstellungsfläche der Messe. Im Deutschlandjahr in Indien bilden damit die deutschen Aussteller die größte Länderbeteiligung. "Die deutschen Marken wachsen in Indien schneller als der Markt. Im Jahr 2011 konnten sie ihren Marktanteil gegenüber dem Vorjahr auf 5 Prozent nahezu verdoppeln“, so Bräunig. Während der Gesamtmarkt um 8 Prozent auf über 2,5 Mio. Einheiten zulegte, konnten die deutschen Konzernmarken ihren Absatz um 80 Prozent auf über 120.000 Pkw steigern. Insbesondere im Premiumsegment sind die deutschen Hersteller führend: Ihr Marktanteil beträgt hier über 85 Prozent. Im Kompaktwagensegment, das rund ein Drittel des gesamten indischen Pkw-Marktes ausmacht, konnten die deutschen Konzernmarken ihren Absatz um gut 70 Prozent steigern. "Die deutschen Hersteller weiten damit ihre Marktpräsenz auch im Volumenbereich strategisch aus“, betonte Bräunig. Auch die deutschen Zulieferer profitieren von dieser Entwicklung: Im Jahr 2011 haben sie Waren und Dienstleistungen im Wert von 660 Mio. Euro nach Indien exportiert. Das entspricht einem Zuwachs von 53 Prozent gegenüber 2010. Damals lag der Exportwert bei rund 430 Mio. Euro. "Der indische Automobilmarkt mit seinem großen Potenzial ist langfristig auf Wachstumskurs. 2011 war, aufgrund mehrerer Zinserhöhungen und höherer Benzinpreise, ein Jahr mit vergleichsweise moderatem Wachstum. Allerdings ist damit zu rechnen, dass die Marktdynamik wieder zunehmen wird. Bereits im Jahr 2013 kann der Pkw-Markt Indien mit 3,3 Mio. Einheiten ein höheres Volumen aufweisen als der deutsche Pkw-Markt. Und bis Ende des Jahrzehnts wird sich der Automobilabsatz in Indien auf über 5 Mio. Einheiten verdoppeln“, betonte Bräunig. In Indien leben 1,2 Milliarden Menschen. 60 Prozent von ihnen sind jünger als 30 Jahre. "Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung bildet sich eine einkommensstarke Mittelschicht heraus. Rund 2 Prozent der indischen Bevölkerung verfügen bereits über eine Kaufkraft, die die Anschaffung eines Neuwagens ermöglicht. Das ist ein Kundenpotenzial von über 20 Millionen Käufern“, erläuterte Bräunig. Der Nachholbedarf ist enorm: Heute kommen in Indien 14 Autos auf 1.000 Einwohner, Anfang des nächsten Jahrzehnts werden es über 30 Autos sein. Zum Vergleich: In Deutschland sind es über 500 Pkw je 1.000 Einwohner. Die deutschen Pkw-Hersteller sind auch in Indien mit eigenen Fertigungsstandorten präsent. In Pune werden Pkw-Modelle von Volkswagen (Polo, Vento) und Skoda (Fabia und Rapid) gefertigt. Das Werk in Aurangabad produziert die Pkw-Modelle von Audi (A4, A6 und Q5), Volkswagen (Jetta und Passat) sowie Skoda (Laura, Yeti, Superb). Ebenfalls in Pune hat Daimler seinen Standort mit CKD-Fertigung der C-, E- und S-Klasse. Das Unternehmen prüft derzeit eine Ausweitung seiner lokalen Produktionskapazitäten. In Chennai, an der Ostküste Südindiens, ist die BMW Group seit 2007 mit einem eigenen Werk präsent. Dort werden BMW 3er, 5er, X1 und X3 (jeweils Benziner und Diesel) im CKD-Verfahren gefertigt.Deutsche verstärken Präsenz in Indien
Die deutsche Automobilindustrie hat im vergangenen Jahr in Indien ein starkes Wachstum erzielt. Die deutschen Konzernmarken konnten ihren Absatz um 80 Prozent auf über 120.000 Pkw steigern. Auch die Zulieferer legten stark zu, sagte Klaus Bräunig, Geschäftsführer des Verbandes der Automobilindustrie, auf der Messe Auto Expo in New Delhi.
Große Chancen für Zulieferer
"Gerade für Zulieferer bietet der Wachstumsmarkt Indien außerordentliche Chancen“, sagte Bräunig. Dabei werde der Lokalisierungsgrad – die Fertigung vor Ort – weiter zunehmen. "Dies entspricht nicht nur den Zielen der indischen Regierung für den Aufbau einer eigenen, leistungsfähigen Automobilindustrie, sondern auch der Strategie der deutschen Automobilhersteller, die ihre Fertigung in Indien kontinuierlich steigern. Der große indische Markt lässt sich nicht allein durch Exporte aus Deutschland bedienen. Natürlich haben auch die immer noch vorhandenen Handelshemmnisse hier einen eindeutigen Einfluss“, so Bräunig.
Eine große Chance – sowohl für Indien als auch für die EU – kann laut Bräunig der Abschluss des Freihandelsabkommens bieten, das derzeit mit der EU verhandelt wird. Auf beiden Seiten gebe es noch Zölle, die mit dem Abkommen vollständig abgebaut werden sollten. Allein der Pkw-Zoll in Indien betrage 60 Prozent, hinzu kommen weitere Steuern und Abgaben. "Indien ist wettbewerbsfähig und selbst zunehmend Exportstandort. Die Zölle müssen daher über ein Abkommen auf null Prozent herunter gefahren werden. Mit längeren Übergangsfristen könnte die besondere wirtschaftliche Situation in Indien berücksichtigt werden. Darauf sollten sich die Verhandlungen mit der EU konzentrieren“, erklärte Bräunig. Bereits heute habe Indien einen Überschuss im Pkw-Handel mit Deutschland, der in den ersten drei Quartalen des Jahres 2011 rund 92 Mio. Euro betrug. Insgesamt seien im Jahr 2011 die automobilen Importe der EU aus Indien um 14 Prozent auf 2,1 Mrd. Euro gestiegen, gut zwei Drittel davon entfielen auf Pkw, rund 500 Mio. Euro auf Teile und Zubehör. Die Sorge, dass Indien an Wettbewerbsfähigkeit einbüße, wenn es den Markt weiter öffne, sei unbegründet. Bräunig: "Ganz im Gegenteil: Die Qualität der in Indien produzierten Güter steigt stetig – auch mit Hilfe der deutschen Wirtschaft. Der indische Automobilkäufer ist qualitätsbewusst – er orientiert sich nicht an reinen Billig-Angeboten, sondern am besten Wert-Preis-Verhältnis. Von diesen Markt- und Produktbedingungen können auch deutsche Zulieferer profitieren, denn sie setzen seit vielen Jahren auf qualitativ hochwertige Innovationen“, unterstrich der VDA-Geschäftsführer. Ob Elektrik (wie Scheinwerfer, Kompressor oder Klimaanlage), ob Interieur (Instrumententafel oder Mittelkonsole), ob Exterieur (Stoßfänger, Dichtungen) oder Chassis (Bremsen, Abgasanlage, Kraftstoff-leitungen) – für all diese Bereiche werden künftig zunehmend Lieferanten vor Ort beauftragt, um den "local content“ und damit die Wertschöpfung in Indien zu erhöhen.
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