München. Pirelli-Kunden sind in diesem Jahr die Gewinner. Sie haben für ihren neuen Satz Winterreifen zwar etwas mehr bezahlt als die Käufer von Billigpneus, aber im März werden sie sich einen großen Teil des Kaufpreises zurückholen können. Denn in diesem Jahr wird der italienische Premiumhersteller zum ersten Mal seine Winterwette verlieren. Die Pirelli-Fahrer erhalten dann die Hälfte des Kaufpreises zurück – wenn sie ADAC-Mitglied sind, bekommen sie sogar 75 Prozent wieder. Bei rund 250 Euro für einen Reifensatz sind das immerhin 187,50 Euro.
Zum vierten Mal hat Pirelli in diesem Winter mit den Kunden gewettet, dass die Temperatur zwischen Mitte November und Ende Februar in der wärmeren Hälfte Deutschlands mindestens 67-mal, in der kälteren Hälfte mindestens 77-mal unter sieben Grad fällt. Es gibt in Deutschland aber kaum noch Gebiete, in denen Pirelli Chancen auf einen Sieg hat. Die Italiener zeigen sich als gute Verlierer: „Dreimal haben wir gewonnen, jetzt freuen wir uns für unsere Kunden“, sagt eine Sprecherin.
Der finanzielle Schaden hält sich für Pirelli in Grenzen, weil die Winterwette über eine Versicherung abgedeckt ist, die nun die Zeche zahlen muss. Dennoch ist der warme Winter für die Reifenhersteller und vor allem für deren Händler eine Katastrophe. Bei ihnen türmen sich die Reifen, nahezu jede Wettervorhersage wird für sie zur Hiobsbotschaft. Viel zu selten mussten die Meteorologen in der Hauptverkaufszeit zwischen Oktober und Januar das Schneeflockensymbol auf die Deutschlandkarte projizieren.
Dabei hatte im Oktober der Verkauf sehr gut begonnen. Vor manchem Reifenhändler stauten sich die Fahrzeuge. Die Nachfrage war so groß, dass der Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk (BRV) die Hersteller dazu aufforderte, mehr Winterpneus zu produzieren. Schließlich hatte die Reifenindustrie wegen der Novelle der Straßenverkehrsordnung auf ein stark steigendes Geschäft mit den Winterreifen gehofft. Denn seit Mai ist jeder Autofahrer verpflichtet, sein Fahrzeug „den Witterungsbedingungen entsprechend“ auszurüsten. Mancher wollte in dieser Formulierung eine Winterreifenpflicht erkennen, die der Gesetzgeber aber gar nicht formuliert hatte.